Etappensieg für Familie Shinawatra
Von Thomas Berger
Den Gerichtssaal verließ er als freier Mann. Im schlimmsten Fall hätte ihm eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren gedroht. Doch ein thailändisches Gericht sprach den früheren Regierungschef Thaksin Shinawatra am Freitag vom Vorwurf der Majestätsbeleidigung frei. Auch die damit verbundene Anklage zu Vergehen nach dem Computer Crimes Act ist vom Tisch. Ein großes Polizeiaufgebot sorgte vor dem Gericht für Ordnung, da wegen der Prominenz des Angeklagten unzählige Journalisten auf dessen Erscheinen und die Urteilsverkündung warteten.
Stein des Anstoßes waren Passagen eines Interviews, das der heute 76jährige 2015 einer südkoreanischen Fernsehstation gegeben hatte. Thaksin, als thailändischer Premier in einem unblutigen Militärputsch im September 2006 gestürzt, als er sich gerade zur UN-Generalversammlung in den USA aufhielt, lebte – auch aus Furcht vor einer Haftstrafe – etliche Jahre im Exil. Nach seiner Heimkehr im Oktober 2023 wurde ihm etwas später die Haft erlassen. Formal spielt der Multimilliardär zwar keine aktive Rolle mehr in der thailändischen Politik. Er gilt aber als einflussreicher Strippenzieher hinter der Pheu Thai Party (PT), die eine tragende Säule der Regierungskoalition ist. Die Zeugenanhörungen im Juli waren unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt. »Die Klage ist abgewiesen«, sagte Thaksin am Freitag mit einem Lächeln bei Verlassen des Gerichts. Anzeige erstattet worden war aus Kreisen des Militärs.
Der erklärte Wille, den Paragraphen zur Majestätsbeleidigung (Artikel 112 im thailändischen Strafrecht) abzuschaffen oder zumindest zu reformieren, hatte vor zwei Jahren dazu geführt, dass der eigentliche Sieger der damaligen Wahlen, die Vorgängerin der heutigen linksliberalen Volkspartei (PP), nicht an die Regierung gelangte. Denn es gab eine immense Opposition aus dem konservativen Senat, dem parlamentarischen Oberhaus. Laut Verfassung genießt der König ganz besonderen Respekt. Kritiker sehen im Artikel 112 jedoch vor allem ein Mittel, Oppositionelle mundtot zu machen oder auszuschalten – wie es im Falle Thaksins offensichtlich versucht wurde.
Angehörige der Familie Shinawatra haben dreimal direkt das höchste politische Amt besetzt. Nach Thaksin, der der sozialen Bewegung der »Rothemden« nahestand, war 2014 auch seine jüngere Schwester Yingluck durch einen Putsch abgesetzt worden. Zuletzt hatte Tochter Paetongtarn die Regierung angeführt. Sie ist momentan suspendiert, gehört dem Kabinett aber weiter als Kulturministerin an. Am Donnerstag erst hatte sie an ihrem 39. Geburtstag eine Anhörung vor dem Verfassungsgericht. Dieses will am 29. August sein Urteil über ihre eventuelle Wiedereinsetzung oder ein dauerhaftes Politikverbot verkünden. Bei der von mehreren Senatoren eingereichten Anklage geht es um Äußerungen Paetongtarns in einem Telefonat mit Kambodschas früherem Langzeitpremier Hun Sen, das dieser selbst geleakt hatte. Eigentlich sollte mit dem Gespräch der im Juli tagelang militärisch eskalierte Grenzkonflikt entschärft werden, zu dem es nun eine überwachte Waffenruhe gibt.
Mittwoch nacht (Ortszeit) wurde laut thailändischer Armee ein kambodschanischer Soldat verletzt, als er auf eine Landmine des eigenen Militärs trat. Weiterhin gilt das strittige Gebiet um mehrere alte Khmer-Tempel als vermint. Rangsiman Rome, Vorsitzender des Ausschusses für nationale Sicherheit in Thailands Parlament, mahnte diese Woche an, warum die Regierung nicht schon wegen Verletzung der Ottawa-Konvention zum Landminenverbot vor dem Internationalen Strafgerichtshof Anklage gegen Kambodscha eingereicht habe.
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