Pipelines als Zielscheibe
Von Reinhard Lauterbach
Die Ukraine hat zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage Objekte des »Druschba«-Pipelinesystems in Russland angegriffen. In der Nacht zum Freitag zerstörten oder beschädigten ukrainische Drohnen eine Pumpstation entlang der Pipeline in Unetscha im westrussischen Gebiet Brjansk. Der Chef der ukrainischen Drohnentruppe, Robert Browdi, stellte Bilder von brennenden Öltanks ins Netz und kündigte mit dem Begleittext »48 Stunden Zeit für die Reparatur« weitere Angriffe an.
Dies entspricht einer Vorgabe, die der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij in seiner Videoansprache vom Donnerstag abend machte. Er sagte, die Ukraine müsse aufhören, sich immer nur zu verteidigen, sondern zu einer offensiveren Taktik übergehen. Russland verstehe nur die Sprache der Stärke und des Drucks, so Selenskij. Diese Position hat offenbar Rückhalt bei US-Präsident Donald Trump. Dieser schrieb am Donnerstag auf Truth Social, wer im Sport immer nur auf Defensive spiele, werde nie gewinnen. Sein Amtsvorgänger Joe Biden habe die Ukraine aber daran gehindert, offensiv gegen Russland vorzugehen. Das kehrt die bisherige Argumentation Trumps um, wonach Biden den Ukraine-Krieg unnötigerweise provoziert habe. Trump setzte Russland auch ein erneutes zweiwöchiges Ultimatum, sich zur Frage von Friedensgesprächen zu äußern. Danach müsse man sich möglicherweise Gedanken über andere Handlungsoptionen machen, fügte Trump in offenkundiger Vorwegnahme, dass auch diese Frist verstreichen werde, hinzu.
Keine Annäherung gab es in der Frage künftiger Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Nach Angaben des US-Magazins Time haben führende NATO-Offiziere mehrere Szenarien für einen westlichen Truppeneinsatz dort entwickelt. Russland lehnt dagegen eine entsprechende Militärpräsenz auf ukrainischem Boden ab. Da die Planungen für alle »Friedens- oder Stabilisierungstruppen« des Westens einen vorherigen Waffenstillstand voraussetzen, spricht auch dies dagegen, dass ein solcher in absehbarer Zeit verkündet wird.
Der Brand in einer Elektronikfabrik in Mukatschewo im südwestukrainischen Transkarpatengebiet war nach Augenzeugenberichten auch am Freitag vormittag noch nicht gelöscht. Der russische Angriff in der Nacht zum Donnerstag führte auch zu politischen Kontroversen. Während die Ukraine erklärte, die angegriffene Fabrik habe Kaffeemaschinen und andere Haushaltselektronik produziert, teilte das russische Verteidigungsministerium mit, das Ziel sei gewählt worden, weil dort westliche Schaltkreise und Prozessoren in Drohnen eingebaut würden. Dieses Zentrum der ukrainischen Rüstungsproduktion sei mit dem Angriff von Donnerstag erfolgreich und auf lange Zeit lahmgelegt worden. Die örtlichen Behörden in Mukatschewo bestätigten, dass die Fabrik irreparabel zerstört worden sei. Weitere russische Schläge hatten unter anderem eine Gasverteilstation in Pawlograd bei Dnipro zerstört, über die Gas an inländische Verbraucher verteilt wird.
In Deutschland hat die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe bestätigt, dass sie Ermittlungen gegen einen in Italien festgenommenen Ukrainer aufgenommen hat. Nach Mitteilung der italienischen Polizei soll er in die Sabotage der Nord-Stream-Pipelines verwickelt sein. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht verlangte, Selenskij vor den Bundestag vorzuladen und ihn zu Nord Stream zu befragen. Sie sagte der Agentur Reuters, es sei absurd, dass die Bundesrepublik Milliarden für die Ukraine ausgebe, aber niemals Rechenschaft über eine mögliche Verwicklung Kiews in die Anschläge auf die deutsche Energieversorgung verlangt habe.
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