Zahlenspiele
Von René Lau
Oft hantiert Team Blau mit pauschalen Behauptungen. Alles werde schlimmer, und höhere Strafen müssen her. Strafverteidiger wissen, dass höhere Strafen nie zu weniger Straftaten führen. Was aber, wenn doch mal das Zahlenmaterial der Polizei herangezogen wird? Derartige Veröffentlichungen scheut der gemeine Polizeibeamte. Aber nichts funktioniert im parlamentarischen System besser als kleine Anfragen von Abgeordneten.
Die Älteren werden sich noch erinnern. Auch dass es die sogenannten SKB-Dateien gibt, war nur durch Anfragen herausgekommen. Freiwillig hätte die Polizei die Schnüffeltätigkeit kaum zugegeben. Ebenso in der Gegenwart. Die Linksfraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt hat beim Innenminister fußballspezifische Fragen zu den Spielen des 1. FC Magdeburg und des Halleschen FC gestellt. Die Antworten sind erstaunlich. So waren 2024/2025 fast 600.000 Zuschauer bei den Spielen beider Mannschaften. Dabei sind insgesamt nur etwa 100 Strafverfahren eingeleitet worden. Nur 0,02 Prozent der Besucher waren also Gegenstand von Ermittlungen. Für die ganze Saison sind 17 Verletzte dokumentiert. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Spielbesuch verletzt zu werden, lag damit bei 0,003 Prozent.
Die Zahlen aus anderen Bundesländern dürften nicht viel anders aussehen. Meine Anregung wäre, dass Abgeordnete in den anderen Landtagen ähnliche Anfragen stellen. Vielleicht ist dann endlich Schluss mit den Behauptungen der Polizei über immer schlimmer werdende Verhältnisse. Gerade schwadronierte der GdP-Vorsitzende Kopelke wieder von bürgerkriegsähnlichen Zuständen und der Notwendigkeit von Überwachungsmaßnahmen wie am Flughafen. Gäbe es die tatsächlich, würde wohl kaum ein Familienvater mit seinem Kind ins Stadion gehen.
»Sport frei!« vom Fananwalt.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Franz Schoierer (22. August 2025 um 09:52 Uhr)»Zahlenspiele« ist das Stichwort. »Dabei sind insgesamt nur etwa 100 Strafverfahren eingeleitet worden. Nur 0,02 Prozent der Besucher waren also Gegenstand von Ermittlungen. Für die ganze Saison sind 17 Verletzte dokumentiert.« Wenn man annimmt, dass nur bei einem Bruchteil der Beteiligten bei Auseinandersetzungen zwischen Fans und zwischen Fans und Polizei Strafverfahren eingeleitet und bei weitem nicht alle Verletzungen dokumentiert werden, sieht die Sache schon anders aus. Man könnte auch fragen, warum es gerade bei Fußballspielen immer wieder zu Ausschreitungen kommt. Ein Phänomen, das bei anderen Sportarten praktisch unbekannt ist. Hängt es etwa mit dem geringeren Bildungsstand von einer Minderheit der Fußballfans zusammen, wie der Fanforscher Professor Gunter A. Pilz vermutet? Was auch immer die Gründe sind: Jedenfalls könnte man auch kritisch hinterfragen, ob manche jW-Artikel, wie neulich »Fan und Staatsfeind«, zum friedlichen Miteinander in den Stadien beitragen. Wenn Krawall und Gewalt mit Bengalos und Leuchtspurmunition (!) im Stadion als »Erlebnisorientierung« und »Szenetypischer Rabatz« verharmlost und krampfhaft versucht wird, in diese »Fankultur« etwas Fortschrittliches hineinzuinterpretieren.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich Hopfmüller aus Stadum (22. August 2025 um 17:58 Uhr)»Leuchtspurmunition ist in den meisten europäischen Ländern Kriegsmaterial und kann deshalb oft nur von Munitionssammlern mit entsprechenden Ausnahmegenehmigungen erworben werden. In Deutschland stellt der Besitz von Leuchtspurmunition eine Straftat dar«. (https://de.wikipedia.org/wiki/Leuchtspurmunition) Die Verwender von Leuchtspurmunition im Stadion dürften also bei denen sein, gegen die in 100 Strafverfahren vorgegangen wird. Wieviele Verletzungen hat denn Herr Pilz dokumentiert? Wenn ich annehme, dass ich Millionär wäre, …
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Franz Schoierer (25. August 2025 um 15:09 Uhr)Sie sind aber leicht zu beeindrucken. Die Zahlenspielerei hat Ihnen wohl mächtig imponiert. Dabei zeigen schon die bisherigen Beiträge und nicht zuletzt der berufliche Schwerpunkt des Fananwalts, dass von einer neutralen Sichtweise zu dem, was hier immer wieder als »Fankultur« beschönigt wird, keine Rede sein kann.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich Hopfmüller aus Stadum (21. August 2025 um 20:20 Uhr)Klasse, da macht in der jW tatsächlich einer Butter bei die Fische. Weiter so!
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