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Aus: Ausgabe vom 22.08.2025, Seite 14 / Medien
Rechte Medienstrategien

Alte Geschäftsfreunde

Der rechte Nius-Finanzier Frank Gotthardt sollte eine App für die CDU entwickeln. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner setzte sich stark dafür ein
Von Kristian Stemmler
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Applaus für die rechte Agenda: Julia Klöckner auf dem Sommerfest ihrer Partei in Koblenz vergangenes Wochenende

Die Szene war immer wieder zu sehen: Freudestrahlend begrüßte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) den Unternehmer Frank Gotthardt, ein Unternehmer und Stratege, der das rechte Portal Nius des ehemaligen Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt finanziert. Klöckners Auftritt beim Sommerempfang der CDU Koblenz am Sonntag auf dem Gelände von Gotthardts Unternehmen CGM sorgte für Aufsehen. Nicht zuletzt die erfolgreiche, rechte Kampagne gegen die Kandidatur von Frauke Brosius-Gersdorf für den Posten als Verfassungsrichterin veranlasste zum genaueren Nachforschen. Und siehe da: Gotthardt und die Parlamentsvorsitzende sind alte Bekannte.

Ein Bericht des Newsletters ­Table Briefings enthüllte am Mittwoch, dass die Verbindungen zwischen der CDU-Politikerin und dem Multimillionär weitaus intensiver sind, als bisher bekannt war. Aus Unterlagen und vertraulichen Mails gehe hervor, dass die CDU im Jahr 2023 ein gemeinsames Unternehmen mit Gotthardt gründen wollte, das die IT- und Digitalstrategie der Partei verantworten und weiterentwickeln sollte. Demnach habe Klöckner, die zum damaligen Zeitpunkt Schatzmeisterin der CDU war, diese Kooperation angebahnt und befürwortet.

Dem Bericht zufolge sollte im Frühsommer 2023 ein gemeinsames Unternehmen mit Namen »CDU App GmbH« gegründet werden. Es sollte eine App aufbauen, die eine Schnittstelle zur Mitgliederdatenbank haben und Kampagnen der CDU professionalisieren sollte. Dies gehe aus dem Entwurf einer Absichtserklärung hervor, heißt es im Beitrag. Das Projekt habe den Titel »China Club« getragen und sei im Konrad-Adenauer-Haus nur einem kleinen Kreis bekannt gewesen. Die Kommunikation mit Gotthardt sei meist über Schatzmeisterin Klöckner oder den CDU-Geschäftsführer Christoph Hoppe gelaufen.

Die gemeinsame Firma hätte dem Bericht zufolge eine nicht ganz unwichtige Aufgabe für die Partei übernehmen sollen: nämlich die Weiterentwicklung von »Kernprozessen der CDU wie Kampagnenfähigkeit, Mitgliederpartizipation, Parteiverwaltung und Kommunikation mit Mitgliedern, Spendern, Bürgern und Mitarbeitern«. Brisant daran ist vor allem, dass das Unternehmen damit eine zentrale Rolle bei Wahlkämpfen gespielt hätte – und das zu einer Zeit, als Gotthardt Nius schon sponserte.

Table Briefings wies zudem darauf hin, dass ein finanzielles Engagement des Koblenzer Unternehmers als Mehrheitsgesellschafter für die CDU weitere Vorteile gehabt hätte, da diese Kapitalspritze für die CDU nicht anzeigepflichtig gewesen wäre. Der Newsletter zitierte aus einer Mail von Geschäftsführer Hoppe vom Juni 2023, der zufolge die Partei nur 24,9 Prozent der IT-Tochtergesellschaft übernehmen sollte.

Weiter hieß es in der Mail Hoppes, die an die Parteispitze adressiert war, auch an Klöckner und CDU-Chef Friedrich Merz, Gotthardt solle »dauerhafter Dienstleister für Erhalt und Ausbau« der IT-Struktur der CDU sein. Klöckner reagierte auf diese Ankündigung erfreut. »Wenn Herr Gotthardt diesen Weg mitgehen würde, wäre das ein Erfolg und eine gute Perspektive für uns als CDU«, schrieb sie und bot ihre persönliche Hilfe über »Paralleltelefonate« an.

Aus dem Gemeinschaftsunternehmen wurde trotz der energischen Fürsprache Klöckners am Ende nichts. Die CDU erklärte gegenüber Table Briefings, die Partei habe »zum Zwecke der Digitalisierung ihrer Parteiarbeit regelmäßig mit unterschiedlichen potenziellen Dienstleistern im Austausch« gestanden. Einer dieser möglichen Partner sei Frank Gotthardt gewesen. Die Gespräche seien »in einer vorvertraglichen Phase« beendet worden, weil »zu unterschiedliche Auffassungen über die Zusammenarbeit bestanden«.

Zu weiteren Hintergründen wollte sich die CDU nicht äußern, Table Briefings erfuhr aber aus Parteikreisen, Klöckner habe als Schatzmeisterin die Idee der Kooperation mit Gotthardt aufgebracht. Gerade im Digitalbereich habe die Partei eine Frischzellenkur, und frisches Geld gebraucht. Gotthardt habe am Ende aber »zu schnell zu viel gewollt«. Ein Sprecher der Bundestagspräsidentin wollte den gesamten Vorgang gegenüber dem Table Briefings-Autor nicht kommentieren.

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