Fracking mit US-Hilfe
Von Sabine Kebir
Algerien ist dabei, mit den beiden US-Energiegiganten Exxon Mobil und Chevron über dreißig Jahre laufende Verträge zum gemeinsamen Schürfen von Schiefergasvorkommen abzuschließen. Nach China und Argentinien gelten die in der Sahara liegenden Reserven des Landes an diesem Rohstoff als die drittgrößten der Welt. Sie werden auf 20.000 Milliarden Kubikmeter geschätzt. Die saharischen Bevölkerungen wissen, dass die Gasgewinnung durch Fracking das Grundwasser schädigen kann, und haben immer wieder gegen die Entwicklung der Industrie vor Ort protestiert. Dennoch existiert schon seit 2014 je ein Pilotprojekt der Schiefergasförderung in den Regionen Barkin und Ahnet.
Zunächst soll die Anlage in Ahnet mit Hilfe der US-Firmen ausgebaut werden. Algerien verfügt bereits über eigene Erfahrungen beim Fracking, hat aber nicht die notwendige Technologie für eine umfassende Ausbeutung der Ressource. Deswegen braucht es die bereits seit Jahren vorbereitete Kooperation mit den US-Unternehmen. Beide Seiten sehen große Chancen darin, den energiehungrigen EU-Markt, der sich unvorsichtigerweise von Gaslieferungen aus Russland abgekoppelt hat, mit dem algerischen Schiefergas zu beliefern. Ein weiterer Vorteil aus Sicht von Exxon Mobil und Chevron besteht darin, dass Algerien und die EU bereits durch drei Gaspipelines verbunden sind, während amerikanisches Gas mit Schiffen über den Atlantik transportiert werden muss. Algerien hat bereits jetzt Russland als größten Erdgaslieferanten der EU abgelöst.
Da die Verhandlungen über die Kooperation beim Fracking schon vor etlichen Jahren begonnen haben, sind Spekulationen über einen aktuellen politischen Hintergrund der bevorstehenden Vertragsabschlüsse kaum angebracht. Algerien hat schon immer versucht, seine Außenhandelsbeziehungen so weit wie möglich zu diversifizieren. Mit den USA bestehen seit eh und je wirtschaftliche Beziehungen, insbesondere auf dem Gebiet der Erdöl- und Erdgasförderung. Anfang Juni lobte die amerikanische Botschafterin in Algier außerdem ein »neues Kapitel in der landwirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und Algerien«. .
Denkbar ist, dass der Vertragsabschluss mit Exxon Mobil und Chevron den US-Präsidenten Donald Trump dazu bringen könnte, seine Entscheidung zu revidieren, Algerien mit einer Zollerhöhung von 30 Prozent zu belegen. Er hatte es fertiggebracht, dies am selben Tag zu verkünden, an dem er Präsident Abdelmadjid Tebboune ein herzliches Glückwunschtelegramm zum Unabhängigkeitstag gesandt hatte. Tatsächlich sehen sich die USA bezüglich Algerien stets in Konkurrenz mit Frankreich und haben daher bereits den Unabhängigkeitskrieg unterstützt. Seitdem richtete sich das Land militärisch und politisch zwar eher nach Russland aus, bemühte sich aber immer auch um eine gewisse Balance hinsichtlich seiner Beziehungen zu den USA. Angesichts der nach wie vor ungeklärten Streitfrage der Zukunft der Westsahara und des deshalb eskalierenden Konflikts mit Marokko erscheint es um so wichtiger, dass die Verbindung zu Washington durch immer stärkere wirtschaftliche Komponenten aufgewertet wird.
EU-Umweltverbände werden protestieren, dass Algerien bis 2030 seine Gasproduktion verdoppeln will – Gas, das in erster Linie an die EU-Staaten exportiert wird. Algier arbeitet aber auch am Ausbau der Sonnenenergie, die bis dahin 30 Prozent des Inlandsbedarfs decken soll.
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