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Aus: Ausgabe vom 22.08.2025, Seite 8 / Inland
»No Weapons for Israel«

»Unsere Aktionen kamen bei den Arbeitern gut an«

Bündnis marschiert zum Flughafen Leipzig/Halle aus Protest gegen Militärhilfe für Israel. Ein Gespräch mit Leo S. und Kemal C.
Interview: Yaro Allisat, Leipzig
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Demonstration am Dienstag in München

Das Bündnis »March to Airport Leipzig/Halle« plant für Sonnabend, einen Protestmarsch zum Flughafen LEJ. Was wollen Sie dort anprangern?

Leo S.: Deutschland spielt als zweitgrößter Waffenlieferant Israels eine wichtige Rolle bei dessen Genozid in Gaza und den ethnischen Säuberungen in der Westbank. Wir wollen diese Verbrechen angreifen und den Genozid stoppen. Der LEJ ist ein wichtiges Drehkreuz, auch für Waffenlieferungen an Israel. Darüber ist jedoch in der Öffentlichkeit wenig bekannt. Der Protest ist ein erster Schritt, darüber ins Gespräch zu kommen.

Welche Route soll er nehmen?

L. S.: Unser Marsch soll am Leipziger Hauptbahnhof starten und von dort aus innerhalb von drei bis vier Stunden zum Flughafen laufen. In Schkeuditz, in der Nähe vom LEJ, wird es ein Camp mit Reden und Musik geben, das bis zum nächsten Tag andauert. Am Sonntag machen wir eine Demonstration zum DHL-Hub am LEJ. Menschen sind an jedem Ort eingeladen, mitzumachen.

Was wissen Sie über mutmaßliche Waffenlieferungen über den LEJ nach Israel?

L. S.: Solche Informationen werden grundsätzlich geheimgehalten, sowohl die Namen der Rüstungsfirmen als auch der Inhalt der Lieferungen. Es ist aber schon lange bekannt, dass der LEJ ein sogenannter SALIS-Stützpunkt ist. Das ist ein Programm einiger NATO- und EU-Staaten für den Lufttransport. In Leipzig sind Flugzeuge stationiert, auf die quasi alle NATO-Staaten zugreifen können. Auch für Truppentransporte der US-Armee in den Irak und nach Afghanistan war LEJ ein wichtiger Zwischenstopp. Als das bekannt wurde, gab es ein wenig öffentliche Aufmerksamkeit, die dann aber wieder abflachte.

Woher nehmen Sie die Informationen zu deutschen Lieferungen nach Israel?

L. S.: Aktuell läuft ein Prozess gegen zwei mutmaßliche chinesische Spione vor dem Oberlandesgericht in Dresden. Einer der Beschuldigten hat am LEJ gearbeitet. In den Prozessakten geht es unter anderem um Lieferungen der Bundeswehr, von Rheinmetall, von Drohnen und Panzerfahrzeugen, sowohl an Israel und an die Waffenfirma Israel Aerospace Industries als auch an andere Staaten. Die Bundesanwaltschaft bestätigt in ihrer Anklageschrift, dass der LEJ eines der wichtigsten Militärdrehkreuze Deutschlands ist und dass von dort Waffen nach Israel geliefert werden, vor und nach dem 7. Oktober 2023.

Von einem Regierungssprecher hieß es in der Bundespressekonferenz in Berlin, die Bundeswehr würde gar keine Waffen an Israel liefern.

L. S.: Laut Aussage der Angeklagten und den vorgelegten Beweisen hat die Bundeswehr die Flughafenabfertigungsfirma im September 2024 für einen Charterflug mit »gefährlichem Transportgut« nach Tel Aviv angefragt. Wir wissen nicht, um was es sich handelt.

Welche Forderungen leiten Sie aus diesen Umständen ab?

Kemal C.: Wir fordern ein Ende jeglicher militärischer Unterstützung Israels sowie den diplomatischen und ökonomischen Boykott, wie die BDS-Kampagne ihn fordert. Von der Lokalpolitik fordern wir die Offenlegung und den Stopp aller Waffenexporte am LEJ. Die Städte Dresden, Halle und Leipzig sind Miteigentümer des Flughafens. Dafür haben wir auch eine Unterschriftenaktion gestartet. Insbesondere fordern wir aber auch die Flughafenbeschäftigten auf, sich nach dem Vorbild anderer Städte dem Protest anzuschließen und jegliche Beteiligung an Waffenlieferungen zu verweigern. Langfristig sehen wir die Gewerkschaften und Kollegen in der ersten Reihe des Protests.

Haben Sie denn Verbündete in Gewerkschaften, bei Arbeitern oder der Politik?

K. C.: Wir sind in Kontakt mit palästinasolidarischen Beschäftigten am LEJ, mit Aktiven aus den Gewerkschaften sowie mit Politikern verschiedener Parteien. Unsere Flyeraktionen vor dem Flughafen kamen bei den Arbeitern gut an. Viele wussten bisher gar nichts von den Waffenlieferungen. Bei der Betriebsratsvorsitzenden stieß unsere Kontaktaufnahme jedoch auf wenig Zustimmung. In einer internen Nachricht warnte sie die Beschäftigten davor, sich mit uns zu unterhalten.

Leo S. und Kemal C. sind aktiv im palästinasolidarischen Bündnis »March to Airport Leipzig/Halle«

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