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Aus: Ausgabe vom 21.08.2025, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Brauwirtschaft

Braustreik in der zweiten Woche

Beschäftigte der sächsischen Brauereien stimmen für Ausweitung des Arbeitskampfes. Bierbarone mauern weiter und bleiben ohne annehmbares Angebot
Von David Maiwald
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Bleiben stehen: Sternburg-Kisten in der Leipziger Brauerei des Billiggebräus

Sie machen weiter, die zweite Woche voll. Arbeitskampf: Bei den sächsischen Brauereien wurde auf sämtlichen Streikversammlungen am Dienstag beschlossen, die Arbeitsniederlegungen auf die gesamte Woche auszudehnen. Die Lieferfähigkeit der betroffenen Brauereien der Radeberger-Gruppe, einer Carlsberg-Brauerei und – erstmals seit Montag – auch der Köstritzer Schwarzbierbrauerei (Bitburger Braugruppe) sei »bereits stark eingeschränkt oder geht gegen null«, teilte die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) gleichentags mit. Sollten die Brauunternehmer nicht auf die Forderungen von Beschäftigten und NGG eingehen, »ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Streik auch nach dem Wochenende in die dritte Woche tritt.

Die NGG bestreikt neben den Radeberger-Braustätten des Oetker-Konzerns; dem Freiberger-Brauhaus, der Radeberger-Brauerei bei Dresden sowie der Sternburg-Brauerei in Leipzig auch den Steinberger Wernesgrüner-Standort (Carlsberg-Gruppe) und die thüringer Schwarzbierproduktion bei Köstritzer. Im Vordergrund steht bei der Auseinandersetzung die klaffende Lohnlücke zum Westen. So erhalten die Beschäftigten in Sachsen über ein Jahr, zulagen- und zuschlagsfrei, mehr als 8.000 Euro weniger als die meisten Westkollegen. Während diese ihre Verhandlungen schon abgeschlossen haben, fordert die NGG sieben Prozent mehr Lohn, mindestens aber 300 Euro mehr über ein Jahr Laufzeit.

Gewerkschaft und Beschäftigte seien bereit, sich zu einigen, erklärte NGG-Verhandlungsführer Uwe Ledwig, bisher sei jedoch «keine Verständigung gelungen». Immer noch wollten die Brauereibetreiber die Beschäftigten im Osten ausbremsen, kritisierte er. Gewerkschaft und Beschäftigte wollten «einen Schritt zum Abbau der Lohnlücke zu den westdeutschen Standorten erreichen und am Ende auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen den Betrieben der Tarifgemeinschaft», so Ledwig. Und dann kämpferisch: «Die Zeit ist vorbei, in der die Beschäftigten das hinnehmen. Sie wollen weiterkämpfen und haben einen langen Atem.»

Den müssen sie auch haben. Anfang August hatte für die Ostberliner Brauerei des Oetker-Konzerns bereits die fünfte Verhandlungsrunde stattgefunden, ergebnislos. Die Bosse wollen ihre Blockade aber offenbar aufrechterhalten, haben noch immer kein annehmbares Angebot vorgelegt. Und die Branche arbeitet aktuell an Preissteigerungen: Die beiden großen Bierproduzenten Krombacher und Veltins wollen sowohl ihr Flaschenbier als auch ihre Fassbierlieferungen zum Herbst teurer verkaufen. Die Forderungen nach höherem Entgelt weisen die Brauereimanager lapidar mit dem Verweis auf geringere Absatzzahlen zurück.

Vergangene Woche hatten sächsische Brauereien erstmals Angebote unterbreitet, «die am Ende jedoch die Lohnabstände zu den westdeutschen Standorten vergrößern würden», kritisierte die NGG am Dienstag. Zeitgleich hatte die Radeberger-Gruppe mitgeteilt, sich auch für die kommenden Jahre als Hauptsponsor des Dresdner Stadtfests aufzustellen. Ein großes Geschäft mit 44 Ausschankwagen und «224 Bierhähnen im Einsatz», wie Radeberger-Brauereichef Olaf Plaumann erklärte. Bei 600.000 Gästen am vergangenen Wochenende ein öffentlichkeitswirksamer Auftritt eines Unternehmens, das den eigenen Beschäftigten die private Teilnahme an solchen Feierlichkeiten nicht erleichtern will. Eine dritte Woche komplett ohne Auslieferungen könnte bei den Konzernchefs wohl einen Sinneswandel anregen. Schließlich bleiben auch solche Großabnehmer, Handel und Kneipen dann auf dem Trockenen sitzen.

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