Pakistan versinkt im Wasser
Von Thomas Berger
Es war nicht mehr nur der übliche Monsunregen: Der übermäßig starke Niederschlag der vergangenen Tage in den nördlichen Teilen Pakistans und Indiens hat schwere Zerstörungen und Hunderte Tote zur Folge. Am Südwestrand des Himalaja kam es zu erheblichen Erdrutschen. Allein auf pakistanischem Staatsgebiet sowie in der von Pakistan kontrollierten Region Jammu und Kaschmir soll es nach aktualisierten Behördenangaben mindestens 670 Todesfälle geben. Im am schlimmsten betroffenen Distrikt Buner wurden am Sonntag 209 Vermisste gezählt, so die britische BBC. Es wird davon ausgegangen, dass viele mittlerweile tot sind. Momentan ist das Schicksal von etwa 90 Menschen noch unklar. Allein im Himalajadorf Chisoti im indischen Teil Kaschmirs waren bereits am Freitag etwa 70 Menschen durch eine Flutwelle gestorben. In einem pakistanischen Dorf, so Al-Dschasira, starben mindestens 28 Gäste eines Hochzeitsfests.
Die Onlineausgabe der pakistanischen Tageszeitung The Dawn meldete in einem Beitrag unter Berufung auf offizielle Angaben, 52 staatliche Schulen in der Provinz Khyber-Pakhtunkhwa seien komplett zerstört worden. 414 weitere Bildungseinrichtungen seien stark beschädigt. Die Bildungsbehörde teilte mit, es liefen Vorbereitungen, um den Unterricht zumindest provisorisch fortführen zu können. Allein im Distrikt Lower Dir sollen aber 17 Schulen gar nicht mehr nutzbar sein. Und noch immer, so die Behörde, treffen weitere Schadensmeldungen ein – man habe noch kein allumfassendes Lagebild.
In Nordindien waren zu Wochenbeginn im gebirgigen Bundesstaat Himachal Pradesh nach amtlicher Bestandsaufnahme 97 teils wichtige Verbindungsstraßen durch Überflutungen und Erdrutschschäden nicht passierbar. Auch auf drei Highways, darunter einer vierspurigen Hauptachse, mussten Abschnitte komplett gesperrt werden. Mehrere Gebiete sind von der Regionalhauptstadt Simla abgeschnitten, wie unter anderem die Hindustan Times berichtete. Durch die herausfordernden geographischen Gegebenheiten sind dort und in anderen betroffenen Gebieten die alternativen Zufahrtswege oft lang; es fällt schwer, für erste provisorische Reparaturen an Straßen notwendige Technik schnell heranzuschaffen. Seit dem Beginn des Monsuns am 20. Juni wurden in Himachal Pradesh laut der regionalen Katastrophenschutzbehörde 263 Todesfälle verzeichnet. 127 Menschen starben direkt durch Sturzfluten und Erdrutsche, weitere 136 Personen infolge von wetterbedingten Unfällen.
Das indische Wirtschaftsblatt Mint zitierte Pakistans Katastrophenschutzbehörde mit der Warnung, dass weitere Erdrutsche und Überflutungen zu erwarten seien – die Unwetterfront rückt seit dem Wochenwechsel auch südwärts vor. Inzwischen ist die größte Metropole Pakistans Karatschi erreicht. In Indiens Wirtschaftshauptstadt Mumbai an der mittleren Westküste spitzt sich die Situation schon seit Wochenanfang zu. Bahnanlagen in der Innenstadt stehen teilweise so stark unter Wasser, dass der für die 25-Millionen-Metropole so wichtige Eisenbahnverkehr streckenweise unterbrochen ist oder es zu erheblichen Verspätungen kommt. In Mumbai regnete es am Dienstag schon den fünften Tag in Folge so stark, dass die Behörden die Alarmstufe rot ausgelöst haben. Die Stadtverwaltung ordnete die Schließung sämtlicher staatlicher Büros an – bis auf einen Notservice. Auch an den Schulen fiel der Unterricht mindestens für einen Tag aus, da viele Straßen unpassierbar sind.
Die Regionalregierung der nordwestlichen Grenzprovinz Khyber Pakhtunkkwa hat einen ersten Nothilfefonds von 800 Millionen Rupien (2,4 Millionen Euro) eingerichtet, berichtete The Dawn. Allein 500 Millionen seien für den Distrikt Buner vorgesehen. In diesem und angrenzenden Gebieten wurden 354 Fälle von Infektionskrankheiten in Gesundheitseinrichtungen gemeldet, wie die Nachrichtenagentur Associated Press of Pakistan am Montag berichtete. Dabei handele es sich größtenteils um Atemwegs- und Durchfallerkrankungen. Mit Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation WHO soll nun verhindert werden, dass sich infektiöse Krankheiten seuchenartig ausbreiten.
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