Wehrsportler des Tages: Thomas Schulz
Von Daniel Bratanovic
Abenteuerurlaub in der Hammelburg. »Es gab Feuer, explodierende Granaten, Rauch.« Herrlich. Simuliert wurde Häuserkampf, »das war schon relativ realistisch«. Wer spricht da? Das Handelsblatt vom Dienstag flankiert die Titelstory »Wirtschaft macht mobil – Viele Unternehmen folgen dem Aufruf des Kanzlers, die Verteidigungsfähigkeit des Landes zu stärken« mit einem ganzseitigen Interview, in dem Thomas Schulz, der Vorstandsvorsitzende des Industriedienstleisters Bilfinger, den Leser an seinen Erfahrungen teilhaben lässt. Das Düsseldorfer Wirtschaftsblatt führt ein: »Der Bilfinger-Chef hat seinen Urlaub im Bundeswehr-Bootcamp verbracht.« Seinen Urlaub im Bundeswehr-Bootcamp! Was für ein Opfer!
Alles für die Nation, oder wie Schulz das sagt: Wir wollen »mit einer solchen Aktion verdeutlichen, dass Wirtschaft, Bundeswehr und Gesellschaft eine Einheit bilden«. Das existentielle Erleben des Wehrsports als Kitt, der alle Ebenen notwendigerweise zusammenklebt. Führungskräfte gehen voran.
Und wären keine, wenn dabei nicht etwas für ihre Unternehmen herausspränge. Den Gehaltsausfall der Angestellten, die an Reservistenübungen teilnehmen, übernimmt die Bundeswehr, zurück kommen abgehärtete Mitarbeiter. Außerdem – hergehört Simulanten und Schlappschwänze! – sind die 0,2 Prozent der gesamten arbeitenden Bevölkerung, die die Bundeswehr jährlich als Reservisten benötigt, gemessen am Krankenstand von fünf Prozent »ein Witz«.
Scheiße war schon, dass ein jahrzehntelang herrschendes neoliberales Regime die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit vollends verwischt und Muße zur »Quality Time« pervertiert hatte. Plötzlich hing man am Strand nicht mehr einfach nur ab, spielte Skat oder hielt Siesta, sondern surfte und tauchte, was das Zeug hält. Zeitenwende ist, wenn sich herausstellt, dass solcher Urlaub bloß die Vorstufe zum Urlaub im Bootcamp war.
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vom 20.08.2025