Lass die Finger von Venezuela!
Von Volker Hermsdorf
Washingtons Drohungen gegen Venezuela haben ein gefährliches Ausmaß erreicht. Das Risiko eines offenen militärischen Konflikts in der Region wächst. Wie Reuters am Montag (Ortszeit) unter Berufung auf US-Regierungskreise meldete, will das Pentagon in diesen Tagen drei hochgerüstete Kriegsschiffe direkt vor der Küste des Landes stationieren. Die Lenkwaffenzerstörer USS »Gravely«, USS »Jason Dunham« und USS »Sampson« verfügen über Raketensysteme mit hoher Feuerkraft und Reichweite. Damit könnten Angriffe auf alle denkbaren Ziele in Venezuela durchgeführt werden. Als unmittelbare Reaktion kündigte Staatschef Nicolás Maduro am Montag (Ortszeit) die Mobilisierung von 4,5 Millionen Milizionären an. Die unter Expräsident Hugo Chávez geschaffene und den Bolivarischen Nationalen Streitkräften (FANB) unterstellte Volksverteidigungsstruktur soll »bewaffnet und in Alarmbereitschaft« versetzt die nationale Souveränität vor der »imperialen Aggression« schützen, so Maduro.
Die drei angekündigten Zerstörer sind nicht die einzige Bedrohung für Venezuela. Daneben brachte das Südkommando der US-Streitkräfte (Southcom) in den vergangenen Tagen bereits ein atomgetriebenes Angriffs-U-Boot, mehrere P-8-Aufklärungsflugzeuge, die U-Boote neutralisieren können, sowie rund 4.000 Marines in Stellung. Das United States Marine Corps gilt als militärische »Speerspitze« für schnelle Übersee-Einsätze und amphibische Operationen. Offiziell dient der Einsatz dem Kampf gegen Drogenkartelle, die Washington als »Gefährdung der nationalen Sicherheit der USA« ansieht. US-Präsident Donald Trump hatte den Antidrogenkrieg – neben Abschiebungen von Migranten und der militärischen »Sicherung« der südlichen US-Grenze – zu einem zentralen Ziel seiner Regierung gemacht.
Die offizielle Begründung für die derzeitige Truppenkonzentration wird jedoch bezweifelt. Pentagon-Quellen zufolge werden die Einheiten in der Karibik auch als »Absprungbasis für gezielte Angriffe« vorbereitet. Ihren Marschbefehl erhielten die US-Soldaten, nachdem Trump nur wenige Tage zuvor eine geheime Direktive unterzeichnet hatte, die das Pentagon ermächtigt, militärische Einsätze und »gezielte Tötungen« auf fremdem Hoheitsgebiet durchzuführen. Die aktuelle Eskalation fällt außerdem mit der Erhöhung eines von Washington ausgesetzten Kopfgeldes für die »Ergreifung« Maduros auf 50 Millionen US-Dollar zusammen.
In Lateinamerika stößt Washingtons Vorgehen auf scharfe Kritik. Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum widersprach den Behauptungen, Maduro unterhalte Kontakte zum Sinaloa-Kartell. Das Regionalbündnis ALBA-TCP und das renommierte kubanische Kulturinstitut Casa de las Américas warfen Trump die Rückkehr zur Kanonenbootpolitik vor. Dadurch könnten die USA unter dem Vorwand des Antidrogenkampfes Lateinamerika in ein »Schlachtfeld wie einst der Balkan« verwandeln, warnte Kolumbiens Staatschef Gustavo Petro. Kubas Außenminister Bruno Rodríguez erklärte, der »Kampf gegen den Drogenhandel« diene der US-Regierung lediglich als Vorwand für eine »neue Welle imperialer Einmischung« und sei eine »abgenutzte Farce«, die in einer »Tragödie« enden könne. »Lassen Sie die Finger von Lateinamerika«, appellierte auch Kolumbiens ehemaliger Präsident Ernesto Samper an Trump. Der Aufmarsch von US-Truppen in der Region könne »einen Krieg mit schmerzhaften Folgen auslösen«.
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