Nah dran
Von Jens Walter
Am Sonnabend hatten die Männer des Deutschen Hockeybundes (DHB) im Finale noch gegen die Niederlande feiern können. Sie gewannen den Titel in Mönchengladbach mit einem 4:1 im Penaltyschießen. Die deutschen Frauen gingen tags darauf jedoch gegen die unangefochtene Hockey-Nummer-eins, die Niederlande, leer aus. Mit einem 2:1 holten sich die Niederländerinnen ihren 13. EM-Titel. »Ich denke, dass wir ein sehr gutes Spiel gezeigt haben. Besonders das zweite Gegentor war unglücklich. Wir haben in der zweiten Halbzeit sehr gut gespielt. Die gelben Karten haben uns sehr viel gekostet«, ärgerte sich Bundestrainerin Janneke Schopman über 15 Minuten in Unterzahl: »Wir sind nah dran!«
2013 hatten beide Mannschaften in Belgien zum ersten und letzten Mal gemeinsam die EM-Trophäe bejubelt. Für das Frauenteam des DHB geht das Warten auf den insgesamt dritten Titel weiter. Schon längst waren die europäischen Titelkämpfe zu deutsch-niederländischen Festspielen avanciert, in der grenznahen Hockeyhochburg Mönchengladbach feierten beide Fanlager bereits vor Anpfiff ein gemeinsames Fest.
Bereits in der ersten Halbzeit gingen die Niederländerinnen, die alle internationalen Titel seit 2017 gewinnen konnten, 2:0 in Führung. Lisa Nolte verkürzte per abgefälschter Strafecke noch mal. Aber trotz einer überlegenen zweiten Halbzeit, in der Deutschland 15 Minuten in Unterzahl spielen musste, und mehrerer guter Chancen reichte es nicht ganz fürs Penaltyschießen.
Der Treffer von Kapitänin Nolte (35.) war nicht genug für einen deutschen Sensationssieg. Für das junge Team ist die Silbermedaille im ersten Jahr nach dem großen Umbruch trotzdem ein Erfolg. Pien Dicke (5.) und Luna Fokke (18.) trafen für die Niederlande, die mit ihrem bereits fünften EM-Triumph in Folge weiterhin unangefochten auf dem Thron sitzen.
Zwar verpassten die DHB-Teams den Doppeltriumph auf heimischem Boden knapp, nach dem Gold der Männer scheint aber auch das Silber der Frauen in Zeiten des Umbruchs ein Versprechen für die Zukunft zu sein.
Allerdings gab es neben den vielen Newcomern wie Sophia Schwabe oder Michel Struthoff, die bei ihren EM-Debüts auf dem blauen Kunstrasen des Hockey-Parks in Mönchengladbach für Furore sorgten, auch einige Abschiede zu verschmerzen. Neben dem Männerkapitän Mats Grambusch verkündete auch die 177malige Nationalspielerin Selin Oruz direkt nach Abpfiff das Ende ihrer langen Karriere im DHB-Dress.
Es habe »unglaublich Spaß gemacht mit der jungen Truppe«, sagte Oruz: »So viele haben ihr erstes Turnier gespielt und super tolle Leistungen gebracht«, in der Zukunft traue sie ihrem Team daher »alles zu«.
Aber Oruz selbst wird dann nicht mehr auf dem Feld stehen – dabei ist sie erst 28 Jahre alt. »Ich fühle mich fit, ich bin erfahren – eigentlich sind das die Jahre, die am meisten Spaß machen«, betonte die promovierte Ärztin: »Natürlich werde ich das vermissen; dieser Sport hat einen Großteil meines Lebens ausgefüllt.«
Weiter geht es für sie trotzdem nicht. Die Probleme sind altbekannt. Eine Fortsetzung ihrer Karriere im Nationalteam könne sie sich »partout nicht leisten«, denn für »Amateursport unter Profibedingungen« fehlt schlichtweg die Unterstützung. »Ich habe meinen Jahresurlaub gebraucht, um die EM am Ende spielen zu können«, sagte Oruz.
Denn Deutschland ist zwar eine erfolgsverwöhnte Hockeynation, allerdings ohne das passende Kleingeld und die nötigen Strukturen. Zumindest mehr mediale Aufmerksamkeit soll den Spitzensportlern nun weiter zugute kommen. Bis einschließlich 2028 werden Deutschlands Hockeyteams weiter kostenlos bei Magenta Sport zu sehen sein, der DHB gab die Vertragsverlängerung mit der Telekom im Rahmen der EM bekannt.
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