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Aus: Ausgabe vom 16.08.2025, Seite 12 / Thema
Kuba

Den Weg geebnet

Vor 100 Jahren wurde die erste Kommunistische Partei Kubas gegründet, Vorgängerin von Fidel Castros PCC
Von Volker Hermsdorf
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Auf dem ersten Parteitag der neuformierten KP Kubas im Dezember 1975 wurden Wegbereiter des freien Kubas geehrt. Oben rechts die Unabhängigkeitskämpfer José Martí, Antonio Maceo und Máximo Gómez; in der Mitte links, neben Che und Fidel, der Revolutionär Julio Antonio Mella, ein Begründer der ersten kubanischen KP

Kubas Kampf für die Unabhängigkeit war mit Vertreibung der spanischen Kolonialherren und der formalen Gründung der Republik im Mai 1902 nicht beendet. Die Eigentumsverhältnisse des alten Kolonialsystems blieben bestehen. Die agrarkapitalistische Oberschicht, die Herren der Tabak- und Zuckerindustrie sowie die Großkaufleute arrangierten sich mit US-Firmen, die auf der Insel Niederlassungen eröffneten. Abhängigkeit und Unterdrückung nahmen zu – doch der Widerstand auch. Gewerkschaften, Frauen-, Jugend- und Bauernverbände entstanden. Gegründet wurden auch neue politische Organisationen und Parteien, in denen sich ehemalige schwarze Sklaven ebenso organisierten wie beispielsweise Intellektuelle und Künstler. Revolutionäre Gruppen erweiterten die von José Martí formulierten Unabhängigkeitsziele um programmatische Elemente der Arbeiterbewegung. Zu einem Wendepunkt der kubanischen Geschichte wurde die Gründung der ersten Kommunistischen Partei vor 100 Jahren.

Am 16. August 1925, es war ein heißer Sommersonntag in Havanna, versammelten sich Vertreter verschiedener marxistischer Organisationen in einem alten Haus in der Calle Calzada Nr. 81 im Stadtteil Vedado (heute Sitz des Theaters »Hubert de Blanck«) zum Ersten Nationalkongress der kommunistischen Gruppierungen. Die ursprünglich bis zum 20. August geplante Veranstaltung wurde in Erwartung von Schikanen der Regierung des drei Monate zuvor an die Macht gelangten Präsidenten Gerardo Machado auf zwei Tage verkürzt. Ihr Initiator, der 77jährige Veteran Carlos Baliño López, kontrollierte als ältester Delegierter die Beglaubigungen der Angereisten. Geboren 1848 in Havanna, dem Jahr, in dem Karl Marx und Friedrich Engels das »Kommunistische Manifest« veröffentlichten, war Baliño mit 20 Jahren in die USA ausgewandert, weil er in Kuba keine Arbeit fand. In Key West, Tampa, New York und New Orleans verdiente er seinen Lebensunterhalt als Zigarrenarbeiter. Er trat einer Gewerkschaft bei und schrieb Artikel für revolutionäre Zeitschriften. 1892 gründete Baliño gemeinsam mit Kubas Nationalhelden José Martí in den USA den Partido Revolucionario Cubano und 1903 – nach seiner Rückkehr – den »Club de Propaganda Socialista«, die erste marxistische Organisation auf der Insel. Nach der Oktoberrevolution 1917 übernahm er Lenins Imperialismus- und Revolutionstheorie. Seitdem propagierte er in den sozialistischen Gruppierungen auf Kuba marxistisch-leninistische Thesen über die notwendige Veränderung der bestehenden Verhältnisse.

Baliño zur Seite stand der 1903 geborene Studentenführer Julio Antonio Mella. Der junge Rebell war 1923 zum Vorsitzenden des von ihm selbst gegründeten kubanischen Studentenverbandes, der Federación Estudiantil Universitaria (FEU), gewählt worden. Zwei Jahre später gründete er die kubanische Sektion der Antiimperialistischen Liga der Amerikas, deren Organisationssekretär er wurde. Zu den Forderungen der Liga gehörten unter anderem die Befreiung Kubas von imperialer Hegemonie, die Unabhängigkeit Puerto Ricos, die Internationalisierung des Panamakanals sowie der Abzug der US-Truppen aus allen von den Vereinigten Staaten besetzten lateinamerikanischen Ländern. Als Mitglied der Kommunistischen Vereinigung von Havanna, der er 1924 beigetreten war, versuchte Mella, Aktionen revoltierender Studenten mit denen der Arbeiterbewegung, der Bauern und Landarbeiter zu verbinden.

Kommunisten aus Überzeugung

Das Hauptanliegen der von Baliño und Mella organisierten zweitägigen Gründungsversammlung in der Calle Calzada bestand darin, die erste Kommunistische Partei Kubas zu gründen und sich der von Lenin im März 1919 gegründeten Dritten Internationale anzuschließen. Die aus verschiedenen Teilen des Landes angereisten Delegierten distanzierten sich von Gruppierungen, die Kontakt zur sozialdemokratischen Zweiten Internationale pflegten. Dass deren Führer im Ersten Weltkrieg den Kriegskurs der jeweiligen nationalen Bourgeoisie unterstützt hatten, war nicht vergessen. Die Vorstellungen der neuen Partei, die zugleich Nachfolgerin des von José Martí gegründeten Partido Revolucionario Cubano und die historische Vorläuferin des heutigen Partido Comunista de Cuba (PCC) war, entsprachen denen der Kommunistischen Internationale (Komintern). Die noch schwammigen programmatischen Ziele umfassten die vollständige Beseitigung des Feudalismus und den Sturz des Imperialismus, nationale Unabhängigkeit und Nationalisierung ausländischer Unternehmen, die Machtübernahme durch die Arbeiter und Bauern im Rahmen eines Rätesystems, eine Bodenreform, die Schaffung einer solidarischen Sozialgesetzgebung und die Aufstellung einer Arbeiter-und-Bauern-Armee. Neben der Verständigung auf den Katalog mittel- und langfristiger Forderungen setzten die Delegierten sich auch kurzfristige Ziele. Sie beschlossen unter anderem, ihren Einfluss in den Gewerkschaften zu stärken, die Bauern zu organisieren sowie den Kampf für die Rechte von Frauen und Jugendlichen voranzutreiben. Als weitere Themen standen die parteiinterne Bildungsarbeit sowie Aufbau und ideologische Stärkung der Arbeiterpresse auf der Tagesordnung.

Die Gründungsmitglieder der Kommunistischen Partei repräsentierten zwei Generationen, die ihr Land von der Vorherrschaft kolonialer, imperialistischer Mächte und vom kapitalistischen Wirtschaftssystem befreien wollten. In der freien Onlineenzyklopädie »Ecured«, einer Art kubanischem Wikipedia, heißt es über die Parteigründer: »Diese Delegierten – und dies lässt sich auf die meisten Mitglieder in den ersten zehn Jahren der Parteiexistenz übertragen – waren keine ausgebildeten Marxisten oder tiefgehende Kenner des wissenschaftlichen Sozialismus. Sie waren Kommunisten aus Überzeugung, die die Befreiung der kubanischen Arbeiterklasse und des Volkes erstrebten, auch wenn ihnen das nötige Wissen zur Umsetzung dieser Aufgabe fehlte. Trotz dieser Einschränkungen erkannten sie – insbesondere durch den Einfluss von Mella und Baliño – ihre Rolle als unverzichtbares Bindeglied zwischen dem patriotischen Denken des 19. Jahrhunderts und den Ideen der sozialen Emanzipation des 20. Jahrhunderts.« Zum Abschluss ihrer Konferenz wählten die Delegierten den auf der Kanareninsel La Palma geborenen Einwanderer José Miguel Pérez zum ersten Generalsekretär und beantragten die Aufnahme in die Dritte Internationale.

Nur 15 Tage nach ihrer Gründung musste die Kommunistische Partei in den Untergrund gehen. Pérez wurde unter dem Vorwand, Spanier zu sein, ausgewiesen, und mehrere führende Mitglieder wurden verhaftet, darunter auch Baliño, der im folgenden Jahr starb. José Miguel Pérez, der nach seiner Ausweisung 1933 den Partido Comunista de Canarias gründete, wurde am 4. September 1936 von den Franco-Faschisten ermordet. Julio Antonio Mella flog 1926 »wegen revolutionärer und rebellischer Aktionen« von der Universität, wurde verhaftet und angeklagt, »terroristische Taten« begangen zu haben. Er reagierte mit einem Hungerstreik und floh später vor Morddrohungen der Machado-Diktatur nach Mexiko. Dort gründete er einen Verband revolutionärer kubanischer Emigranten.

Im Jahr 1927 nahm Mella an einem Kongress gegen koloniale Unterdrückung in Brüssel teil und besuchte anschließend als Delegierter den IV. Internationalen Roten Gewerkschaftskongress in der Sowjetunion. In Mexiko verband er sich mit internationalen revolutionären Bewegungen und vertrat – unterstützt von seiner Lebensgefährtin, der italienischen Fotografin Tina Modotti – unter anderem die 1925 in Berlin gegründete und unter Federführung der Komintern aufgebaute »Liga gegen Imperialismus und für nationale Unabhängigkeit«. Im Januar 1929 wurde Mella – kaum 26 Jahre alt – von Agenten Machados auf offener Straße erschossen. Seine letzten Worte waren: »Ich sterbe für die Revolution.« In Kuba wird der Mitbegründer der ersten KP des Landes heute als Nationalheld verehrt. Sein Porträt findet sich neben dem von Che Guevara und Camilo Cienfuegos auf dem Emblem des Kommunistischen Jugendverbandes (UJC).

Ende der Terrorherrschaft

Zur Zeit der Parteigründung war Gerardo Machado, ein Geschäftsmann und Lobbyist der US-amerikanischen Firmen ITT und General Electric, die sich seine »Wahl« eine Million US-Dollar hatten kosten lassen, formal Kubas Präsident (1925–1933). Tatsächlich vertrat der ehemalige General vor allem aber die Interessen der US-Elektroindustrie und der großen Zuckerplantagenbesitzer. Die setzten auf einen skrupellosen Vasallen wie ihn, um Einfluss und Profite zu sichern. Als die Produktion von Rübenzucker in Europa während des Ersten Weltkriegs nahezu eingestellt wurde, fuhren Spekulanten mit kubanischem Zucker noch riesige Profite ein. Doch die große Sause der Konzerne, Plantagenbesitzer und Spekulanten war nicht von langer Dauer. Nach Ende des Ersten Weltkriegs brach die Nachfrage nach kubanischem Zucker ein. Die 1921 begonnene Krise der kapitalistischen Welt traf die auf Monokultur beruhende Wirtschaft der Insel hart. Viele Unternehmen hielten nicht durch und gingen in den Besitz US-amerikanischer Banken über. Immer mehr ruinierte kubanische Betriebe und Geldinstitute gerieten unter die Kontrolle mächtiger US-Konzerne, die mit Machado ihren Mann in Kuba hatten.

Einmal an die Spitze gelangt, etablierte der als tropischer Mussolini und Schlächter bezeichnete Exgeneral schrittweise eine auf das Militär gestützte grausame Diktatur. Nach der Kommunistischen Partei ließ er auch die oppositionelle Presse verbieten und jeden Protest im Keim ersticken. In Ciego de Ávila hing eines Morgens an allen Bäumen einer Allee je ein Erhängter – zur Abschreckung und Warnung. Doch die junge KP und der im selben Jahr wie sie gegründete Gewerkschaftsbund Confederación Nacional Obrera de Cuba (CNOC) ließen sich nicht einschüchtern. Ihre Agitation führte zu einem Aufschwung des politischen und gewerkschaftlichen Kampfes. Trotz des Terrors wuchs der Widerstand von Arbeitern, Bauern, und Studenten, der schließlich sogar in den Kasernen unterstützt wurde. Als Machados Regime im August 1933 von einer breiten Volksbewegung mit einem Generalstreik gestürzt wurde, floh der Diktator ins Land seiner Geldgeber, nach Miami.

Maßgeblichen Anteil am Ende der Terrorherrschaft hatte der 1925 von dem Arbeiterführer Alfredo López in Camagüey gegründete, marxistisch ausgerichtete CNOC. Zunächst anarchistisch orientiert, hatte López sich seit 1920 für Initiativen zur Solidarität mit Sowjetrussland eingesetzt. Er informierte sich über die dortigen Entwicklungen und wurde schließlich zu einem Anhänger der Bolschewiki. Anfang 1923 hatte López bei studentischen Aktionen auch Mella kennengelernt. Auch er wurde von Machados Schergen ermordet, doch die von ihm gegründete »Nationale Arbeiterkonföderation Kubas« nahm weiter an Bedeutung zu. 1935 organisierte die CNOC einen landesweiten Ausstand der Zuckerarbeiter.

Im Jahr 1939 beschlossen 1.500 Delegierte, die 800 Gewerkschaften mit insgesamt 500.000 Mitgliedern vertraten, ihre Vereinigung zu der bis heute existierenden »Konföderation der Arbeiter Kubas« (Confederación de Trabajadores de Cuba, CTC). Trotz Verfolgung erkämpfte die kubanische Arbeiterorganisation den Achtstundentag und setzte weitere Forderungen durch. Doch der Preis für die Erfolge war hoch. Von 1920 bis 1958 wurden Hunderte Gewerkschaftsmitglieder verhaftet, eingesperrt, gefoltert und ermordet. Neben den Gewerkschaften war der von Mella gegründete Studentenverband FEU ein Motor des sich parallel zu den Arbeitskämpfen entwickelnden Widerstands von Intellektuellen. In beiden Milieus gehörten Mitglieder der Kommunistischen Partei zu den einflussreichsten Aktivisten.

Einer von ihnen war der revolutionäre Schriftsteller und Intellektuelle Rubén Martínez Villena, der 1927 zu der in den Untergrund gedrängten Partei gestoßen war. Kurz nach dem Eintritt wurde er Rechtsberater der CNOC und deren wichtigster Ideengeber. Nur ein Jahr später stieg Martínez Villena in das Zentralkomitee der Partei auf. Obwohl er – außer der ZK-Mitgliedschaft – nie eine höhere Position oder gar das Amt des Generalsekretärs innehatte, avancierte er zur bedeutendsten Führungspersönlichkeit der kubanischen kommunistischen Bewegung. Trotz eines akuten Tuberkuloseleidens entfaltete er eine intensive Tätigkeit. Unter anderem leitete er am 20. März 1930 einen der ersten großen politischen Streiks in der Geschichte Kubas. Es war die bis dahin größte Aktion der Arbeiterschaft, die das Land über 24 Stunden lahmlegte und die Grundfesten des tyrannischen Machado-Regimes erschütterte. Wegen der darauf einsetzenden politischen Verfolgung suchte er zunächst Zuflucht in den USA und reiste 1930 in die Sowjetunion. In Moskau arbeitete er in der Lateinamerikaabteilung der Komintern. Zurück in Kuba, organisierte er den Generalstreik von 1933, der zum Sturz Machados beitrug. Rubén Martínez Villena starb ein Jahr später in einem Sanatorium an Tuberkulose. An seiner Beerdigung nahmen – trotz Verfolgung der Kommunisten – über 20.000 Menschen teil.

Schon früh verband die Partei den Kampf im eigenen Land mit internationalistischem Engagement. Als rechte Militärs, unterstützt von Nazideutschland und dem faschistischen Italien, 1936 einen konterrevolutionären Staatsstreich gegen die Zweite Spanische Republik durchführten, organisierte die Partei den Einsatz von über tausend Kubanern, die im Spanischen Krieg an der Seite der Interbrigadisten gegen die Faschisten kämpften. Es war der erste große internationalistische Einsatz kubanischer Freiwilliger. Während des Zweiten Weltkriegs spielte die Partei eine bedeutende Rolle in einem nationalen antifaschistischen Frontbündnis, das Kleidung, Medikamente, Zucker und Tabak an die alliierten Truppen schickte. Zwei kubanische Kommunisten ließen als Kämpfer in den Reihen der Roten Armee ihr Leben im Großen Vaterländischen Krieg. Der 19jährige Aldo Vivó Laurent fiel bei der Verteidigung von Leningrad, Enrique Vilar Figueredo – ebenfalls mit 19 Jahren – bei der Befreiung Polens von den Nazis.

Kinderkrankheiten

Aus Sicht des im Oktober 1965 gegründeten heutigen Partido Comunista de Cuba beging ihre Vorgängerorganisation in deren »Kinder- und Jugendjahren« mehrere gravierende politische Fehler. Als Beispiel wird angeführt, dass die Führung 1933 die wahre Tragweite der Volksproteste erst spät erkannt habe. So seien Streiks in dieser Phase zunächst nur als Mittel zur Durchsetzung arbeitsrechtlicher Forderungen – nicht jedoch als politisches Instrument zum Sturz der Regierung – gesehen worden. Diese Einschätzung führte zum sogenannten Augustfehler, der darin bestand, dass das Zentralkomitee den Arbeitern 1933 zunächst empfahl, in die Betriebe zurückzukehren. Gerade noch rechtzeitig konnte die damalige Parteiführung aber den Irrtum korrigieren. Fidel Castro betonte in seinem Erinnerungsband »Der strategische Sieg«, dass dieser Streik, »den die kleine Partei der Kommunisten unter der brillanten Führung des revolutionären Dichters Rubén Martínez Villena organisiert hatte«, zum Sturz der Machado-Diktatur geführt habe. Mangelnde Erfahrung und falsche Einschätzungen führten in dieser Zeit aber auch zu Misserfolgen. So lösten sich die von der Partei 1928 gegründete »Kommunistische Jugendliga« (Liga Juvenil Comunista) und die 1931 aufgebaute »Liga der Pioniere Kubas« gut fünf Jahre nach ihrer Gründung wieder auf.

Auch »sektiererische Tendenzen« gehörten zu den »Kinderkrankheiten« der noch jungen KP. Deren Führung erkannte zum Beispiel weder die historische Bedeutung der – von Washington nicht anerkannten – »Regierung der 100 Tage« unter Präsident Ramón Grau San Martín (10. September 1933 bis 15. Januar 1934) noch die Chancen der fortschrittlichen Maßnahmen seines Innenministers Antonio Guiteras Holmes. Der einstige Weggefährte von Julio Antonio Mella hatte zahlreiche Reformen durchgesetzt, darunter einen Mindestlohn, grundlegende Arbeitsgesetze, kostenlosen Schulbesuch, akademische Freiheit, die Verstaatlichung wichtiger Wirtschaftssektoren und das Frauenwahlrecht. Die Fehleinschätzung veranlasste die Partei zur Opposition gegenüber Graus Regierung – eine Haltung, die zu deren Sturz beitrug. Dennoch, so betonte Fidel Castro in der Rückschau zur damaligen Zeit: »Das einzige wirklich revolutionäre und antiimperialistische Programm war das der von Mella und Baliño gegründeten Kommunistischen Partei.« Der spätere Revolutionsführer hielt ihr zugute, dass sie Fehler erkannte, Irrtümer eingestand und ihren Kurs korrigierte.

Über Umwege zum PCC

Aufstieg und Ausbreitung des Faschismus führten ab Mitte der 1930er Jahre zu einer neuen globalen Strategie und Taktik der kommunistischen Bewegung. Die Komintern drängte auf die Bildung von »Einheitsfronten gegen den Imperialismus«, die auch Teile der nationalen Bourgeoisie und des Kleinbürgertums einschlossen. Eine Ablehnung der Taktik der nationalen Einheitsfront gegen den Imperialismus – aus Angst vor einem gemeinsamen Handeln mit der nationalen Bourgeoisie – bedeutete den Verzicht auf die Vorbereitung einer nationalen Befreiungsrevolution und würde unweigerlich zur Isolation der kommunistischen Parteien von einem Großteil der Volksbewegung führen, lautete die von Komintern-Generalsekretär Georgi Dimitroff vorgegebene Linie. Nach einer Analyse ihrer Fehleinschätzung zur »Regierung der 100 Tage« arbeitete die KP Kubas aktiv auf die Bildung einer Einheitsfront gegen den Hauptfeind hin – gegen Faschismus und Imperialismus. Auch in Kuba veränderte sich das politische Klima, das international immer stärker durch die zunehmenden Spannungen zwischen dem nordamerikanischen Imperialismus und Hitlerdeutschland sowie durch die wachsende antifaschistische Weltbewegung geprägt wurde. Koalitionen und Bündnisse zwischen unterschiedlichen Lagern entstanden. Noch unter einer Militärdiktatur wurden in Kuba ab 1937 erste kleine demokratische Reformen durchgeführt. Am 13. September 1938 wurde schließlich das Verbot der Kommunistischen Partei aufgehoben.

Nach dem Sturz der »Regierung der 100 Tage« und einer Reihe instabiler Übergangsregierungen war 1940 auch mit Beteiligung von Kommunisten eine neue Verfassung ausgearbeitet worden, die fortschrittliche soziale Rechte festschrieb. Im selben Jahr fanden Wahlen statt, in deren Ergebnissen sich der starke Einfluss von Gewerkschaften, Kommunisten und Militärs spiegelte. Infolge der Volksfrontpolitik beteiligte sich die Partei an einem »Sozialistisch-Demokratische Koalition« genannten Bündnis, dessen Präsidentschaftskandidat Fulgencio Batista war. Der Offizier, der sich in den 1930ern für einige ihrer Forderungen eingesetzt hatte, galt den Kommunisten als kleineres Übel. Er gewann die Wahl mit rund 55 Prozent der Stimmen und stützte sich in seiner ersten Amtszeit (1940–1944) auf eine Parteienallianz, der auch Kommunisten angehörten.

Kuba nahm in dieser Zeit diplomatische Beziehungen zur Sowjetunion auf und trat der Antihitlerkoalition bei. Die unter Batista umgesetzte Verfassung von 1940, die in der damaligen Zeit als fortschrittlichste Lateinamerikas galt, führte eine Reihe sozialer Verbesserungen ein, darunter den Achtstundentag. Acht Jahre nach dem Ende seiner ersten Amtszeit putschte Batista sich 1952 erneut an die Macht. Unterstützt von den USA setzte er die Verfassung außer Kraft und errichtete während seiner zweiten Amtszeit eine blutige Diktatur. Im nachhinein sahen sich Kritiker innerhalb und außerhalb der Partei bestätigt, die früh vor einer Zusammenarbeit mit Batista gewarnt hatten.

Die Volksfronteuphorie dieser Zeit führte dazu, dass mehrere kommunistische Parteien weltweit ihre Rhetorik und Parteinamen änderten, um breitere Allianzen zu schmieden. Knapp 20 Jahre nach ihrer Gründung beschloss auch die erste Kommunistische Partei Kubas im Januar 1944, sich fortan Partido Socialista Popular (PSP) zu nennen. Die Änderung sollte die Partei für gemäßigtere Wähler attraktiver machen, ohne ihre ideologische Ausrichtung aufzugeben. Prominente Führer wie Blas Roca und Juan Marinello blieben an ihrer Spitze. Nach dem Sieg der Kubanischen Revolution vereinigte sich der von Blas Roca geführte PSP 1961 zunächst mit der von Fidel Castro geführten »Bewegung des 26. Juli« und einer weiteren Gruppe zu den ORI (Organizaciones Revolucionarias Integradas). 1962 wurde aus den ORI die »Vereinigte Partei der Kubanischen Sozialistischen Revolution«. Sie war Vorgängerin des am 3. Oktober 1965 in Havanna gegründeten Partido Comunista de Cuba, der sich als »martianisch und marxistisch-leninistisch« definierte.

Volker Hermsdorf schrieb an dieser Stelle zuletzt am 25. Oktober 2023 über den Sturz der sozialistischen Regierung auf Grenada durch die USA: »Hinterhof bereinigt«

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