Machtkampf in Bamako
Von Bernard Schmid
Am Donnerstag abend gab das Staatsfernsehen im westafrikanischen Mali an, dass es zu einer Reihe von Festnahmen gekommen sei, weil »ausländische Staaten« versucht hätten, seine Institutionen zu destabilisieren. Mali wird seit dem Sturz von Staatspräsident Ibrahim Boubacar Keïta infolge von Massenprotesten, in deren Verlauf jüngere Armeeoffiziere putschten, von einer durch Militärs dominierten Übergangsregierung geführt. Präsident ist derzeit Assimi Goïta.
Aufsehen erregte zunächst, dass sich ein französischer Staatsbürger unter den Verhafteten befindet. Es handelt sich den vorliegenden Angaben zufolge um Yann Vélizier. Er wurde von Sicherheits- und Zivilschutzminister Daoud Aly Mohammedine im Fernsehen als »Agent im Auftrag des französischen Nachrichtendienstes« präsentiert. Dazu publizierte Fotografien zeigen ihn in Gegenwart von zwei zeitgleich mit ihm festgenommenen malischen Militärs im Generalsrang.
Das französische Amtsblatt Journal officiel de la République française (JORF) erwähnt mehrfach einen Luftwaffenoffizier dieses Namens in Zusammenhang mit Beförderungen bei der Armee, die er zuletzt in den Jahren 2015, 2016 und 2020 erhielt. Seine weiteren Vornamen lauten allerdings Christian Bernd. Derzeit ist unklar, ob es sich um dieselbe Person handelt. Vom Alter und den Dienstjahren her wäre es plausibel.
Insgesamt wurden seit Monatsbeginn 55 malische Staatsangehörige, darunter mehrheitlich Militärs, festgenommen und inhaftiert. Die beiden Generale unter ihnen sind Abbas Dembélé und Néma Sagara. Ein solcher vergleichsweise tiefer Schnitt deutet an, dass offenkundig mehr hinter der Sache steckt als ein Warnsignal an die Adresse Frankreichs, nämlich ein ernsthafter Konflikt oder Machtkampf. Zumal die Festnahmen vorwiegend in der Präsidialgarde, einer Eliteeinheit der Armee, die zum Schutz der höchsten Funktionsträger bereitsteht, vorgenommen wurden.
Aus anderen, jedoch möglicherweise damit direkt oder indirekt zusammenhängenden Gründen wurde am Dienstag der frühere Premierminister der Jahre 2020 bis 2024, Choguel Maïga, in Polizeihaft genommen und bei einem Verhör mit früheren Mitarbeitern konfrontiert. Dabei ging es um den Verdacht finanzieller Unregelmäßigkeiten. Die Verdächtigen sollten noch diese Woche der Staatsanwaltschaft beim Obersten Gerichtshof vorgeführt werden, die über eine formale Anklage entscheidet. Korruptionshandlungen können sicherlich nicht ausgeschlossen werden. Zugleich war die Entlassung Maïgas aus dem Amt im vorigen November – er wurde durch General Abdoulaye Maïga ersetzt, beide sind trotz des gleichen Familiennamens, der im Norden Malis verbreitet ist, nicht miteinander verwandt – auch das Resultat klarer politischer Konflikte zwischen einem Flügel der politischen Klasse, die bis zum Umsturz 2020 zusammen mit den Militärs regierte, und Letzteren. Bislang ist ein Zusammenhang zwischen dieser Maßnahme und den Verhaftungen der Armeeangehörigen nicht bestätigt.
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