CFM-Beschäftigte kämpfen weiter
Von David Siegmund-Schultze
Die Wut unter den Beschäftigten der Charité Facility Management GmbH (CFM) in Berlin ist groß. Anfang Juni hatten sie gegenüber der Geschäftsführung nach einem 45tägigen Streik durchgesetzt, dass ihre Löhne bis 2030 an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) angeglichen werden. Doch die Umsetzung werde von der Unternehmensleitung verschleppt, so ein bei der CFM beschäftigter Verdi-Gewerkschafter gegenüber junge Welt am Freitag. »Sie versuchen alles, um die Redaktionsverhandlungen in die Länge zu ziehen – da zeigt sich mal wieder die fehlende Wertschätzung für uns Beschäftigte.« Auch eine zugesagte Einmalzahlung über 300 Euro wolle die Unternehmensführung nicht auszahlen.
In einer Verdi-Stellungnahme ist deshalb von »Wortbruch« die Rede. Außerdem weiche die Unternehmensleitung von zentralen Punkten ab, auf die sich bereits geeinigt wurde. So wolle sie verhindern, dass Werktätige der CFM und der Charité künftig gemeinsam streiken können, und Anhebungen des TVöD erst verspätet bei den Lohnabhängigen der CFM ankommen lassen. Auf jW-Anfrage wies die Geschäftsführung die Vorwürfe zurück. Man blockiere den Prozess nicht und strebe einen »zeitnahen Abschluss« der Verhandlungen an.
Seit 20 Jahren kämpfen die Beschäftigten für gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit im größten Krankenhaus der Hauptstadt. Die CFM ist eine hundertprozentige Tochter der landeseigenen Charité, die 2006 zwecks Lohndumpings aus dem Klinikkonzern ausgegliedert wurde. Im Koalitionsvertrag der Regierung von Kai Wegner (CDU) ist festgehalten, dass die CFM wieder in die Charité zurückgeführt werden soll und die Arbeitsbedingungen und Gehälter der Beschäftigten an den TVöD angeglichen werden sollen. »Der Senat hat nur noch zwölf Monate Zeit, um die Rückführung durchzusetzen, als Eigentümer der Klinik könnten sie das jederzeit entscheiden«, so der CFM-Gewerkschafter. »Wir werden keine Ruhe geben und den Druck auf die Geschäftsführung und den Senat hoch halten, bis wir alle unsere Ziele erreicht haben.«
Die bei Verdi organisierten Beschäftigten der CFM stimmten Ende Juni mit 78,1 Prozent für die Tarifeinigung, auch wenn die meisten von ihnen Bauchschmerzen mit dem Kompromiss gehabt hätten, so der Gewerkschafter. Denn, auch wenn die Gehälter schrittweise an die der Charité-Beschäftigten angepasst werden sollen, werden entscheidende Aspekte in der Einigung nicht auf das gleiche Niveau gehoben: die Jahressonderzahlung, der Urlaubsanspruch aus Wechselschicht, die Förderung der Altersvorsorge. »Nach 20 Jahren im Niedriglohnsektor steuern wir ohnehin alle auf die Altersarmut zu. Es ist einfach auch eine Frage der Anerkennung und des Respekts, zu den gleichen Konditionen wie die Beschäftigten der Charité zu arbeiten. Wir bleiben leider Beschäftigte zweiter Klasse«, sagte der Gewerkschafter.
Dem Lohnplus von je nach Berufszweig 300 bis 800 Euro stimmten sie trotzdem zu – als Etappenerfolg. Die ungleichen Arbeitsbedingungen und das lange Warten auf die Umsetzung der lang ersehnten Erhöhung haben aber Folgen: eine hohe Fluktuation der Beschäftigten und Unzufriedenheit mit den politisch Verantwortlichen. »Viele Leute bei uns glauben nicht mehr an den Politikbetrieb. Wir sehen die Regierenden eigentlich nur, wenn sie sich für einen Erfolg wie die Tarifeinigung feiern lassen können. Aber echte Unterstützung erfahren wir nicht.« Von den mit dem Fall befassten Senaten für Gesundheit und für Finanzen konnte auf jW-Anfrage keine Reaktion eingeholt werden. Während ersterer schlicht auf letzteren verwies, hat der Finanzsenat bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme abgegeben.
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