With a Little Help from the U. S.
Von Reinhard Lauterbach
Die Geschichte des Fernsehsenders TV Republika in Polen ist seit Ende 2023 eine spektakuläre Erfolgsstory. Damals waren eine Reihe von Moderatoren, die während der Regierungszeit der PiS zwischen 2015 und 2023 im staatlichen Fernsehsender TVP gearbeitet – oder genauer gesagt: gehetzt – hatten, nach der handstreichartigen Übernahme von TVP durch die regierende Tusk-Koalition zu dem bisher marginal im Internet sendenden TV Republika gewechselt. Und von Stund’ an kam der Sender groß heraus. Es dauerte ein halbes Jahr, da hatte der noch von PiS-Kadern beherrschte nationale Fernsehrat dem Programm eine Lizenz für die landesweite Präsenz in den Kabelnetzen gewährt. Seitdem hat der Sender, der seine Hauptnachrichten als »wirkliche polnische Nachrichten« anpreist, sich zum erfolgreichsten Informationsprogramm in der polnischen Medienlandschaft entwickelt: mit bis zu sieben Millionen täglichen Nutzern.
Obwohl die Fakten dagegen sprechen, ist TV Republika Meister darin, sich als Opfer der Tusk-Regierung darzustellen, die »konservatives Gedankengut unterdrücken« wolle. Konsequenz des Senders: seine Zuschauer zu Spenden aufzurufen. Klein angefangen mit dem Verkauf von Kaffeebechern mit Logo, aber eben auch mit ständigen Schriftbändern, auf denen die Kontonummer der eigens gegründeten Stiftung des Senders über den Bildschirm läuft. In Zeitlupe, wie jetzt einem Autor der liberalen Zeitschrift Newsweek Polska auffiel – betont langsam, damit auch wirklich jeder mitschreiben kann.
Doch plump oder nicht: Die Masche zieht. Erst sollte für die laufende Bezahlung der Mitarbeiter gespendet werden, dann eine Million Złoty (240.000 Euro) für die Einrichtung des Studios zusammenkommen, und dann wurden über die letzten Monate fünf Millionen Złoty für einen Übertragungswagen gesammelt. Entscheidend für den finanziellen Erfolg des als private Aktiengesellschaft organisierten und deshalb extrem intransparent auftretenden Senders sind vermutlich keine Groschen patriotischer Rentner. Sondern erstens Großspenden von staatlichen Unternehmen in den Monaten Anfang 2024, in denen die neue Regierung die bisherigen von der PiS ernannten Manager noch nicht entlassen hatte. Ob der Benzinkonzern Orlen, die staatliche Eisenbahn, die vor der Pleite stehende Post – alle spendeten sie für das zentrale Medienprojekt der PiS nach dem Regierungswechsel. Das brachte nach Recherchen polnischer Wirtschaftsmedien fast 100 Millionen Złoty in die Kasse von TV Republika. Und ein weiteres finanzielles Standbein sind offenbar Spenden aus den USA. Die polnischstämmigen US-Bürger sind solide reaktionär, und sie sind als US-Amerikaner an die ständige Spenderei kulturell gewöhnt. TV Republika hat extra eine Stiftung mit Sitz in New York und US-Bankkonto gegründet, damit bei der Überweisung keine Gebühren für die Spender fällig werden.
Das bestgehütete Geheimnis sind aber die offenbar sehr privilegierten Beziehungen zur Republikanischen Partei in den USA. Im Programm wurde das sichtbar an Exklusivinterviews mit Donald Trump während des Wahlkampfes. Zudem an der für Polen nur mäßig relevanten Direktübertragung von Wahlkampfveranstaltungen Trumps zur besten US-, aber nicht unbedingt polnischen Sendezeit. Die US-Partner revanchierten sich auch im polnischen Wahlkampf für die Unterstützung: mit einer bombastischen Konferenz der Conservative Political Action Conference (CPAC) in Rzeszów am Wochenende zwischen dem ersten und dem zweiten Wahlgang Ende Mai. Einmischung in den polnischen Wahlkampf? Woher denn! Erst am Abend der Amtseinführung des neuen polnischen Staatspräsidenten Karol Nawrocki lüftete der offenbar nicht mehr ganz nüchterne Republika-Direktor Tomasz Sakiewicz einen Zipfel des Tischtuchs: Selbstverständlich hätten die US-»Konservativen« in Polen ihre Wunschpartner gewinnen sehen wollen. So dass Donald Trumps joviales »You will win«, als ihn Nawrocki für einen Fototermin im Weißen Haus aufsuchte, nicht mehr nur als unverbindliches Gerede abgetan werden kann. Der Sender ist ein Propagandainstrument der US-Republikaner. Ob sich die im Programm ständig angegriffene polnische Regierung diese Einmischung zu ihren Lasten irgendwann offiziell verbittet? Die Frage zu stellen heißt, sich klarzumachen, dass dies nicht passieren wird.
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