Auskennerin des Tages: Stefanie Babst
Von Felix Bartels
Die Welt, eine Zumutung. Erst öffnet Mark Rutte mit Überlegungen zu De-facto- und De-jure-Anerkennung von Gebietstauschen die Tür für Verhandlungen zwischen Ukraine und Russland, dann kündigt Trump ein zweites Treffen mit Putin an. Stefanie Babst, frühere NATO-Funktionärin, alarmiert via DLF die Welt, sich nicht zu sehr auf die Welt einzulassen. Tatsächlich scheint dreieinhalb Jahre nach dem russischen Angriff im Umfeld der NATO ein Kampf im Gang. Pragmatiker wollen den Krieg eher beendet sehen, Falken betrachten militärische Intervention weiterhin als exklusiv transatlantisches Privileg.
»Eisern« soll man, so Babst, am Staatsgebiet der Ukraine festhalten, sinnloses Sterben für innerimperialistische Konflikte eingepreist. Wie die mehrheitlich russischen Bewohner der annektierten Gebiete zu einer Rückholung stehen (und was sie nach ihr zu befürchten hätten), spielt ebenfalls keine Rolle. Gebietstausch wäre ein Sieg für alle, die glauben, »man könne mit militärischer Gewalt Gebiete verändern«. Sagt die Frau, die 1999 für die NATO tätig war.
Dann muss Rutte auf die Schulbank. Sowjetische Besatzung? In den »baltischen Staaten, Polen, Ungarn und Tschechien« nach 1945 ein »superdunkles« Kapitel mit »Vertreibung«, »Deportation«, »Folter«. Als Geschichtslehrerin sollte sie vielleicht wissen, dass während des Kalten Kriegs keine »baltischen Staaten« existierten, auch ein »Tschechien« nicht. Polen war anders als Ungarn (um 56) und die CSSR (um 68) nicht besetzt, und abgesehen von Ungarn hat keines der genannten Kapitel die Brutalität des ukrainischen Bürgerkriegs ab 2014 erreicht, vom Krieg ab 2022 gleich ganz zu schweigen.
Dass Babst noch »unsere Geschichte« mit der sowjetischen Besatzung anbrachte, mochte der Hektik des Gesprächs geschuldet sein. Da geht sie hin, die Herodot-Plakette, aber vielleicht reicht es ja für einen Melnyk-Orden.
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vom 15.08.2025