Showdown in Alaska
Von Reinhard Lauterbach
Vor dem russisch-US-amerikanischen Gipfel in Alaska an diesem Freitag haben die am Mittwoch in Berlin versammelten oder zugeschalteten »Europäer« US-Präsident Donald Trump nach eigenen Aussagen fünf »Bedingungen« für die Gespräche mit Wladimir Putin auf den Weg gegeben. Der bei der Videokonferenz gastgebende Bundeskanzler Friedrich Merz fasste sie im Anschluss so zusammen: Man könne über »territoriale Fragen« sprechen, werde Abtretungen aber nie rechtlich anerkennen. Worüber soll dann aber geredet werden? Die »fünf Punkte« der europäischen Ukraine-Unterstützer seien weiter, so Merz: Die Ukraine müsse künftig »mit am Tisch sitzen«, und Gespräche müssten dann »in der richtigen Reihenfolge stattfinden«, nämlich »erst nach einem Waffenstillstand«. Außerdem müsse es »robuste Sicherheitsgarantien für die Ukraine« geben, einschließlich des Rechts der »Europäer«, die Ukraine mit Waffen zu versorgen. Das Problem daran ist, dass Gespräche, die nicht auf ein irgendwie rechtlich formalisiertes Ergebnis hinauslaufen sollen – und sei es in der politisch nachrangigen und nur emotional aufgeladenen Territorialfrage –, keine Gespräche sind bzw. nicht mehr als Gerede.
Während US-Präsident Donald Trump das Gespräch mit den EU-Verbündeten als »nützlich« und »großartig« lobte, gab es aus Moskau am Mittwoch keine und am Donnerstag eine inhaltliche Antwort. Zwar gab sich Putin konziliant und kündigte die Möglichkeit neuer Rüstungskontrollverträge an. Das Verteidigungsministerium und der Geheimdienst FSB teilten aber zugleich mit, dass das ukrainische Programm zum Bau von ballistischen Kurzstreckenraketen mit einer Reichweite von bis zu 750 Kilometern in einer koordinierten Aktion »zerschlagen« worden sei. Durch Angriffe auf Rüstungsbetriebe in den ukrainischen Städten Pawlograd (Bezirk Dnipropetrowsk) und Schostka (Bezirk Sumi) sowie das Konstruktionsbüro »Piwdenmasch« in Dnipro seien die Produktionsstätten für die neuen Raketen des Typs »Sapsan« vollständig zerstört und das Gesamtprogramm auf Null zurückgeworfen worden. Informationen über die Koordinaten der Produktionsstätten seien von Mitarbeitern des Programms gekommen. Sie seien nur auf halben Stellen beschäftigt, und die Betriebsleitung habe Teile ihrer Gehälter einbehalten. Es wurde nicht mitgeteilt, wann diese Angriffe stattgefunden haben, aber Meldungen über russische Bombardierungen von industriellen Zielen sowohl in Pawlograd als auch in Schostka hatte es neben den dramatischen Nachrichten von einem russischen Frontdurchbruch im Donbass zuletzt mehrfach gegeben.
Die Pointe: An Entwicklung und Produktion der »Sapsan«-Raketen war offenbar die BRD wenigstens in der Endphase und zumindest finanziell beteiligt. Friedrich Merz und der für die Koordination der militärischen Ukraine-Hilfe verantwortliche Bundeswehr-Generalmajor Christian Freuding hatten in den vergangenen Monaten solche Unterstützung bei der Produktion weitreichender Waffen in der Ukraine selbst mehrfach als Ersatz für die auch von Merz bisher verweigerte Lieferung von »Taurus«-Marschflugkörpern dargestellt. Die Ukraine hatte angekündigt, sie werde schon diesen Sommer mehrere hundert Exemplare dieses Raketentyps zur Verfügung haben. Das steht nun wohl in Frage. Dass diese Mitteilung aus Moskau genau jetzt kam, darf als knappe Ansage an die »Europäer« betrachtet werden: Wir kriegen euch sowieso – spart euch die Mühe.
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