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Aus: Ausgabe vom 13.08.2025, Seite 15 / Antifaschismus
Anti-Asyl-Aufmärsche in UK

Rückenwind für Reaktion

Beispiel Bristol: Aufmärsche gegen Asylsuchende zeigen, wie rechte Demagogie verfängt
Von Marc Bebenroth
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Im Kampf gegen Rassismus und das »Klimachaos« protestieren seit einer Weile in Bristol Menschen gegen nationalistische Anti-Asyl-Aufmärsche (24.5.2025)

Die im Kern rassistisch motivierte Ablehnung gegenüber nichtweißen Geflüchteten wird auch im Vereinigten Königreich vom politischen Arm der extremen Rechten und den entsprechenden Mediennetzwerken gezielt angeheizt. Mit Erfolg, wie ein am Montag veröffentlichter Bericht der Medienplattform Open Democracy über Proteste und Gegenproteste vom Sonnabend in Bristol im Südwesten Englands exemplarisch zeigt. »Sie sind Vergewaltiger, dreckige Vergewaltiger«, schallt es der Reporterin entgegen, während aus Lautsprechern die Hymne »Rule Britannia« ertönt. »Wir mögen keine Einwanderung«, lautet die als unpolitische Meinungsäußerung verharmloste Entgegnung auf Nachfragen.

Der Aufmarsch von etwa 50 Personen richtete sich demnach gegen die Unterbringung von Asylsuchenden in einem örtlichen Hotel. Den Nationalisten standen gut zehnmal so viele Demonstranten gegenüber, die den Zugang zum Gebäude schützten. Polizeikräfte hielten beide Versammlungen auf Abstand. Der Anti-Asyl-Meute gehörten offenbar überwiegend Menschen mittleren Alters oder Ältere an. Aber auch jüngere seien dabei gewesen. Sie versammelten sich demnach zunächst im Castle Park, heißt es weiter bei Open Democracy, wo eine Gedenktafel den Einwohnern der Stadt gewidmet sei, die sich in den 1930er Jahren den Internationalen Brigaden zur Verteidigung der Spanischen Republik angeschlossen hatten. Die Teilnehmenden hätten die Nationalflaggen Englands sowie des Vereinigten Königreichs geschwungen.

Landesweit haben sich in den zurückliegenden Tagen Bündnisse gebildet, um rechten und faschistischen Aufmärschen entgegenzutreten. Oftmals waren sie zahlenmäßig überlegen, wie der Socialist Worker am Freitag online berichtete. Dem Protest in Bristol haben sich neben Gewerkschaften auch Palästina-Solidaritätsgruppen, LGBTQ-Aktivisten und Mitglieder der »Antirassistischen Aktion« angeschlossen. »Es liegt an unserer Bewegung, dem Gift der rassistischen Spaltung entgegenzuwirken«, sagte ein Vertreter der Trade Unionist and Socialist Coalition gegenüber Open Democracy. Dieses »Gift« steckt auch in den Köpfen der nächsten Generation: »Sie nehmen uns unsere Rechte weg«, wird ein Teenager aus einer Gruppe 14- bis 16jähriger zitiert. »Sie fallen in unser Land ein.«

Ein Erwachsener habe schließlich dem Jungen das weitere Beantworten der Fragen der Reporterin untersagt: »Das einzige gute Medium ist GB News.« Der private Fernseh- und Radiosender war 2021 in London gegründet worden und gehört über eine Holding dem Hedgefund-Manager Paul Marshall und dem Finanzunternehmen Legatum aus Dubai. Zu den Moderatoren zählt der Parteivorsitzende der extrem rechten Reform UK, Nigel Farage. Dieser ist eine prominente Stimme im Chor aus Boulevardpresse, rechten Parlamentsabgeordneten und faschistischen Demagogen wie Stephen Yaxley-Lennon alias Tommy Robinson. Sie verbreiten unaufhörlich, die größte Gefahr für das Vereinigte Königreich gehe von grundsätzlich »illegalen« Asylsuchenden aus. Männliche Geflüchtete werden zudem konsequent als Vergewaltiger diffamiert, die es auf (weiße) Frauen und Mädchen abgesehen hätten.

Im Bewusstsein der lohnabhängigen Bevölkerung für die Folgen jahrzehntelanger Sozialraubpolitik durch Tories wie Labour-Partei wird daraus schnell Sozialchauvinismus. »Wir müssen uns um Obdachlose, Veteranen und kranke Drogenabhängige kümmern, die Hilfe brauchen«, sagte zwar ein Teilnehmer des Aufmarschs in Bristol gegenüber Open Democracy. Er protestiere gegen »die Greueltaten dieser Regierung« und meint aber die angebliche Bevorzugung von Ausländern, die mit Booten die gefährliche Fahrt über den Ärmelkanal wagen und »aus finanziellen Gründen hierher« kämen.

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