Lawfare gegen Journalisten
Von Carmela Negrete
Durch juristische Konter lassen sich die Journalisten von Diario Red und ihre Mitstreiter nicht ausbremsen. Am Montag hat die spanische Tageszeitung beispielsweise den vollständigen Namen eines Polizisten inklusive Foto und Aufnahmen seiner Beiträge auf der Plattform X veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass der Beamte die Generalsekretärin von Podemos, Ione Belarra, beschimpft sowie gegen Migranten und kritische Journalisten gehetzt haben soll. Der Polizist soll außerdem der Sohn eines Funktionärs der extrem rechten Vox-Partei sein. Belarra hatte angeprangert, dass es innerhalb der spanischen Polizei Beamte gebe, die Anhänger der extremen Rechten sind. Ein Beamter des Verteidigungsministeriums soll laut Recherchen von Diario Red über ein anonymes Social-Media-Profil zur Tötung des spanischen Königs aufgerufen haben.
In Spanien haben es sich verschiedene Akteure und Organisationen zur Aufgabe gemacht, Faschisten und andere Rassisten vor Gericht zu bringen, die vor allem auf Onlineplattformen Hass gegen Minderheiten verbreiten oder offen zu Gewalt gegen diese Menschen aufrufen. Dazu zählt auch Diario Red, geleitet vom früheren Vizepräsidenten und ehemaligen Podemos-Chef Pablo Iglesias. Die Zeitung hat mit einer Reihe von investigativen Recherchen, die die Identität rechter Onlinehetzer aufdeckten, für Aufsehen gesorgt.
Allerdings lassen nicht alle Enttarnten das auf sich sitzen. So hat der Anwalt Jesús Santorio Lorenzo Klage gegen Iglesias und den Investigativjournalisten Isidoro Román Cuesta eingereicht, wie The Objective berichtete. Der Jurist sei im Netz als »Sr. Liberal« aktiv, wie Recherchen von Diario Red ergeben hatten. Dies bestreitet der Anwalt. Infolge der Klage wurde im Oktober das Ermittlungsverfahren gegen die Journalisten eröffnet. Román Cuesta beschreibt sich selbst als Antikorruptionsaktivist. Er verfasste zusammen mit dem Journalisten Miquel Ramos einen Bericht für die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Madrid über die spanische extreme Rechte. Seine Arbeit sowie die der Diario Red-Journalisten zählen zu den besten Quellen für die spanische Antifabewegung. Doch sie haben in ein Wespennest gestochen. Hinter den von ihnen recherchierten Social-Media-Konten verbergen sich immer wieder Staatsbedienstete, die im Netz beispielsweise als anonyme Anhänger von Vox auftreten.
Konten wie »Sr. Liberal« oder »Alt Right España« verbreiten Falschmeldungen und kriminalisieren in veröffentlichten Beiträgen Migrantinnen und Migranten pauschal. Durch »Alt Right España« erfolgten Aufrufe, den König zu töten, weil dieser an einer Gedenkzeremonie für die 2020 verstorbene, progressive US-Verfassungsrichterin Ruth Bader Ginsburg teilgenommen hatte. Mittlerweile haben die Staatsanwaltschaften in Valencia und Madrid die Ermittlungen gegen »Sr. Liberal« und »Alt Right España« wegen Hassverbrechen gegen Migranten aufgenommen.
Der mutmaßlich eines der Konten betreibende Lorenzo war 2015 Kandidat der Kleinstpartei Socialista de la Justicia (PSJ) für den spanischen Kongress – und ihr Sprecher. Den Einzug ins Parlament hatte der PSJ verpasst, da er nicht genug Unterschriften für die Teilnahme an der Wahl gesammelt hatte. Damals hatte er mehrfach versucht, die Podemos-Partei vor Gericht zu bringen. So hatte PSJ-Gründer José Emilio Rodríguez Menéndez Anzeige wegen Geldwäsche gestellt. Eine ganze Reihe von Anzeigen wegen illegaler Finanzierung und Steuerhinterziehung erfolgte, führte aber zu keiner Verurteilung.
Der Schaden war dennoch angerichtet, Podemos war nachhaltig diskreditiert. Die Anschuldigungen wurden von Medien wiederholt, so dass viele Menschen immer noch daran glauben, dass Podemos Geld aus Venezuela oder dem Iran bekommen hat. Diese Versuche lassen sich auch als Form von Lawfare, also gegen politische Gegner in Stellung gebrachte Justizverfahren, bezeichnen. Tatsächlich wegen illegaler Finanzierung aus iranischen Quellen wurde übrigens die extrem rechte Vox-Partei verurteilt, und das mehrfach. Zuletzt wurde Vox am 30. Juli wegen illegaler Parteispenden schuldig gesprochen und zu einer Strafzahlung von 50.000 Euro verdonnert.
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