Rente ohne Privilegien
Von Oliver Rast
Das Rückgrat soll sie für Millionen Personen hierzulande sein – im Alter: Die gesetzliche Rentenversicherung. Aber nicht für privilegierte Beamte, besonders nicht für Bundestagsabgeordnete. Sie bekommen Pensionen als Altersruhegeld – und entziehen sich damit einer solidarischen Finanzierung. Denn, wer verbeamtet ist, wird nach der Erwerbstätigkeit aus Steuermitteln gesponsert. Vergleichweise üppig. Lebenslang. Ein klassisches Zweiklassensystem also.
Die Forderung ist nicht neu: Eine Versicherung Beschäftigter, in die alle einzahlen – unabhängig vom beruflichen Status. Verena Bentele wagt sich abermals vor. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK forderte am Sonntag via Pressemitteilung die zuständige Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) auf, »die Einbeziehung von Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung in der Rentenkommission zu behandeln und daraus konkrete Schritte ableiten zu lassen«.
Lücken in der Rentenkasse ließen sich damit stopfen. Teilweise zumindest. Selbst die »Wirtschaftsweisen« hatten eine finanzielle Entlastung bei der gesetzlichen Rente ermittelt, die bis weit in die 2070er Jahre reichen würde, so Bentele weiter. Aber: »Bisher finden leider immer nur Vorschläge Beifall, bei den Steuerzuschüssen für die Rentenversicherung zu kürzen.«
Eine »Verteilungsschieflage«, die nicht nur ungerecht ist, die seitens politisch Verantwortlicher endlich angegangen werden müsste. Bentele: »90 Milliarden Euro werden jedes Jahr für Pensionen und Beihilfen ausgegeben, um eine Durchschnittspension von 3.500 Euro zu finanzieren.« Gäbe es weniger Beamte in der Verwaltung oder bei Lehrerinnen und Lehrern, könnte ein Großteil dieser Ausgaben dem Staat für die Versorgung aller Bürger zur Verfügung stehen.
Unbedingt gehöre Bentele zufolge bei der Rentenkommission die Einbeziehung von Abgeordneten aus dem Bundestag auf die Agenda. »Sie sollten zu den Ersten gehören, die nicht mehr von Pensionen profitieren.« Weil: Wer über die Rente bestimmt, müsse auch einzahlen. Fraglich, ob die Mandatsträger dafür das Rückgrat haben werden.
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Leserbrief von Reinhold Schramm aus 12105 Berlin (11. August 2025 um 19:52 Uhr)Es existiert kein Problem der Rentenfinanzierung! ► Allenfalls ein gesellschaftspolitisches, dem sich die bürgerliche Politik und deren Parlaments- und Regierungsparteien verweigern, ernsthaft anzugehen: Laut Wikipedia-Enzyklopädie werden jährlich bis zu 400 Milliarden Euro vererbt. Der effektive Steuersatz auf Vermögenstransfers liegt demzufolge bei rund 2,5 %. (Vgl. unter Wiki.: Erbschaftsteuer in Deutschland.) Bei der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung heißt es zur Erbschaftssteuer, über unverdientes Vermögen: Inzwischen besitzt in Deutschland und anderen OECD-Staaten das obere Zehntel der Gesellschaft mehr als 40 Prozent des gesamten Privatvermögens. Nach einer vorsichtigen Schätzung werden jährlich etwa 75 Milliarden Euro vererbt. Die Finanzämter erhalten jedoch nur etwa 4 Milliarden Euro Erbschaft- und Schenkungsteuer. Das entspricht einer effektiven Belastung von fünf Prozent – der Steuer-Anteil überschreitet also kaum die Verzinsung eines Jahres. (Vgl. unter HBS.: Unverdientes Vermögen.) Die Bundeszentrale für politische Bildung (BPB) berichtet unter anderem auf ihrer Internetseite, unter »Neid oder soziale Gerechtigkeit? Die gesellschaftliche Umkämpftheit der Erbschaftssteuer«: »Wirklich bedeutende Erbschaften werden ausschließlich von einer kleinen Vermögenselite angetreten. Nur eine von etwa 70 Erbschaften umfasst ein Vermögen von einer halben Million Euro oder mehr, zugleich erhalten diese 1,5 Prozent der Erben ein Drittel des insgesamt vererbten Vermögens. Simulationsrechnungen zeigen, dass im Jahr lediglich 1200 Erbschaften eine Erbsumme von fünf Millionen Euro überschreiten. Diese 0,08 Prozent aller Erben stehen jedoch für 14 Prozent des insgesamt geerbten Vermögens.« Weiterhin heißt es hierzu: »Besteuert wird dieser Vermögenszugewinn der Erben fast nicht.« Weiterhin heißt es: »Aufgrund der hohen Freibeträge ist kaum ein Erbe erbschaftsteuerpflichtig. Vermögen bis zwei Millionen Euro kann in einer gewöhnlichen Familiensituation erbschaftsteuerfrei vererbt werden. Doch auch die privilegiertesten Erben zahlen kaum Erbschaftssteuern. Denn die größten Vermögen bestehen überwiegend aus Unternehmensvermögen, das von der Erbschaftssteuer quasi befreit ist. So wurden im Zeitraum zwischen 2011 und 2014 Erwerbe ab 20 Millionen Euro im Durchschnitt zu 93 Prozent von der Erbschaftssteuer befreit.« (Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung.)
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (11. August 2025 um 11:28 Uhr)Man sollte die Wirksamkeit solcher Verbände nicht überschätzen. Als Teil des Systems sind sie dazu da, dass ständig Forderungen ausgesprochen werden können, auf die niemand zu hören braucht. Damit haben die, die Hilfe brauchen, das Gefühl, jemand kümmere sich um ihre Belange. Und die Herrschenden jemanden, der zahnlos genug ist, dass man solche Forderungen getrost überhören kann. Es ist also alles bestens geregelt. Deshalb wird auch niemand auf die Idee kommen, das leistungslose Einkommen der Renditen für die gesellschaftliche Vorsorge nutzen zu wollen. Solcherart Radikalität lehnen die Sozialverbände natürlich ab, obwohl sie die eigentliche Lösung des Problems wären. Denn wo keine Reichen, da wären auch keine Armen mehr.
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Leserbrief von Wolfgang Reinhardt aus 99734 Nordhausen (11. August 2025 um 10:28 Uhr)Rentenversicherungspflicht: Das, was Frau Bentele vorschlägt, ist schon mal gut. Meines Erachtens sollte das noch erweitert werden. Es müssten alle Einkünfte zur Renten- und Krankenversicherungspflicht herangezogen werden, nicht nur die der lohnabhängig Beschäftigten. Und das möglichst ohne Beitragsbemessungsgrenze. Konkret meine ich damit z. B. Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit (auch von Eigentümern großer Unternehmen), Aktiengewinnen und Mieteinnahmen. Es gibt Vermieter, die Hunderte, vielleicht Tausende Wohnungen besitzen und vermieten. Diese sind in der Regel privat kranken- und rentenversichert, wenn sie überhaupt rentenversichert sind, da die Mieteinnahmen ja auch im Alter fließen. Gut wäre es auch, wenn keine versicherungsfremden Leistungen durch o. g. Versicherungen finanziert würden. Wolfgang Reinhardt, Nordhausen
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Leserbrief von R. Krause aus Hamburg (10. August 2025 um 23:00 Uhr)Wir kennen in Deutschland sieben verschiedene Einkunftsarten, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbstständiger Arbeit, aus nichtselbstständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte. Aber das Aufkommen für die Rentenversicherung wird (mit einigen Ausnahmen) aus den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aufgebracht und das auch nur bis zu einer Verdienstgrenze in Höhe von 8.050 Euro/Monat. Einkünfte die darüber liegen, werden nicht zur Finanzierung der Rente herangezogen. Auch viele Berufsgruppen, wie die der Beamten und Abgeordneten zahlen nichts in die Rentenversicherung ein. Andere, die eigentlich in die Rentenversicherung einzahlen müssten, wie freiberufliche Ärzte, Apotheker, Architekten und Ingenieure, zahlen in ihre eigenes elitäres Versorgungssystem ein und sind nicht solidarisch mit den ärmeren Bevölkerungsschichten. Warum ist es nicht möglich alle Einkunftsarten in vollständiger Höhe zur Finanzierung der Rentenversicherung heranzuziehen? Die eigentliche Frage, die sich doch stellt, ist, wie hoch sind die Einkünfte von Frau Grimm und wieviel zahlt sie in die Rente ein ? Mit solidarischen Grüßen R. Krause
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