Adidas foult die Belegschaft
Von Gudrun Giese
Der Sportartikelkonzern Adidas hat gegen den Konjunkturtrend im zweiten Quartal 2025 ein deutliches Umsatz- und Gewinnwachstum vorgelegt. Das hält das Unternehmen aus Herzogenaurach nicht davon ab, die Tarifbindung zum 1. September aufzukündigen. Die für den Wirtschaftssektor zuständige Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) kritisierte das am Donnerstag mit drastischen Worten. Ab September würden für die 8.000 Beschäftigten des Konzerns keine neuen Tarifabschlüsse mehr gelten. Alle nach dem Datum eingestellten Beschäftigten fielen auch nicht mehr unter den Schutz der bestehenden Tarifverträge.
Adidas wechselt seine Mitgliedschaft im Bundesverband der Schuh- und Lederwarenindustrie von einer ordentlichen zu einer ohne Tarifbindung. Damit verlasse das Unternehmen »den Pfad von Sozialpartnerschaft und Fairplay«, erklärte Birgit Biermann, stellvertretende IG BCE-Vorsitzende. Adidas gehöre nun unter den vierzig Dax-Konzernen »zu einer kleinen Minderheit von Tarifflüchtigen«. Die Gewerkschaft werde nicht akzeptieren, dass die Beschäftigten ab September bei Entgeltentwicklung und Arbeitsbedingungen allein vom Willen des Managements abhingen. Besonders schwer nachvollziehbar sei, dass Adidas die Tarifbindung in dem Moment aufkündige, in dem die Politik sich verstärkt für die Rückkehr zu Tarifverträgen einsetze. Die Bundesregierung hatte erst in dieser Woche das Tariftreuegesetz auf den Weg gebracht.
Die Marke Adidas war im zweiten Quartal 2025 um zwölf Prozent auf einen Umsatz von sechs Milliarden Euro gewachsen, teilte der Konzern zuletzt mit. Das Betriebsergebnis wurde auf 546 Millionen beziffert, was ein Plus von 58 Prozent bedeutet. Noch üppiger fiel der Anstieg beim »Gewinn aus fortgeführten Geschäftsbereichen« mit 77 Prozent auf 375 Millionen Euro aus. Trotz »unvorteilhafter Auswirkungen von Wechselkursen, Geschäftsmix und Zöllen« habe sich die Bruttomarge um 0,9 Prozentpunkte auf 51,7 Prozent erhöht, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens. Adidas-Chef Bjørn Gulden lobte so auch die Belegschaft; er sei »stolz auf das, was unser Team sowohl im zweiten Quartal als auch im ersten Halbjahr 2025 geleistet« hat.
Zugleich rief er die Untergebenen auf, noch mehr zu leisten, denn: »Es gibt immer noch viel, was wir verbessern müssen.« Das Geschäftsmodell müsse weiter optimiert werden, hin zu einer globalen Marke mit einem lokalen Mindset. So ließen sich weltweit Erfolge erzielen. Dafür wolle das Management die »besten Mitarbeitenden« einstellen, weiterentwickeln und im Unternehmen halten, »damit sie unser Geschäft in den verschiedenen Märkten führen«. Vermutlich zielt Gulden dabei auf den Teil der Belegschaft, der immer schon übertariflich entlohnt wurde.
In einem Schreiben an die Belegschaft hatte Adidas den Austritt aus der Tarifbindung mit der aktuellen Tarifforderung der IG BCE nach Entgelterhöhungen um sieben Prozent, spürbaren Vorteilen für Gewerkschaftsmitglieder sowie der Einbeziehung von höheren Entgeltgruppen in die Tarifbindung begründet. Es sei völlig falsch, wenn Adidas behaupte, die Ausweitung des Tarifvertrags auf höhere Entgeltgruppen würde den bisher außertariflich Beschäftigten erhebliche Nachteile bringen, sagte IG BCE-Vize Biermann. Im Gegenteil, Tarifbindung bedeute auch für sie geregelte Arbeitszeit, bezahlte Überstunden und transparente Entgeltstrukturen.
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