Umbau bei Thyssen-Krupp
Von Klaus Fischer
Am Freitag durften die Anteilseigner der Thyssen-Krupp AG per Videokonferenz darüber entscheiden, die Rüstungstochter Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS) vom Konzern abzuspalten. Die Einberufung dieser außerordentlichen Hauptversammlung ist Teil des Maßnahmeplans für den geplanten Konzernumbau – den die Aktionäre per Onlineabstimmung am Nachmittag absegneten. Damit versucht der angeschlagene Industrieriese seine aktuellen Probleme zu lösen. Die IG Metall pocht weiter auf einen Staatseinstieg bei der Rüstungstochter.
Grundgedanke der Aufspaltung ist es, mehr Kapital zu akquirieren – also die dann juristisch selbständige Tochter an die Börse zu bringen und ihr so Zugang zum Kapitalmarkt zu ermöglichen. TKMS gilt als einer der Weltmarktführer beim Bau nicht atomar angetriebener U-Boote. Zugleich hat das Unternehmen größere Überwasserkampfschiffe wie Fregatten und Korvetten im Angebot. Da Rüstungsverkäufe nicht unbedingt den gängigen Marktgesetzen folgen und politisch streng reguliert werden, ist das Geschäft kompliziert und erfordert, mit viel Geld in Vorleistung zu gehen. Zwischen Angebot, Ausschreibungen, Auftragseingang und Fertigstellung liegen oft Jahre.
Da liegt es auf der Hand, dass ein Börsengang der abgespaltenen Einheit eher das notwendige Kapital beschaffen kann, als ein monolithischer Mischkonzern mit unterschiedlichen Gewerken – darunter Stahlerzeugung, Schiffbau, Automobilzulieferung. TKMS ist praktisch der Vorreiter für die Darstellung der künftigen Holdingstruktur aus selbständigen Unternehmen. An jedem will Thyssen-Krupp dann 51 Prozent der Anteile halten und strebt laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters vom Freitag den Börsengang für die Marinetochter im Oktober an.
Seit Beginn des Ukraine-Kriegs 2022 schüren NATO-Staaten Kriegshysterie. Das erschütterte zwar die BRD-Wirtschaft. Rüstungskonzerne indes hoffen seitdem auf Kriegsprofite. Nicht zuletzt beim Panzerbauer Rheinmetall lassen sich die Erwartungen ablesen: Lag der Preis der Rheinmetall-Aktie Ende 2021 noch bei rund 77 Euro, ist er in den vergangenen vier Jahre auf aktuell fast 1.700 Euro geklettert. Wen wundert es, dass Thyssen-Krupp das als Ausweg aus der Krise sieht? Nach eigenen Angaben verfügt TKMS aktuell über einen Auftragsbestand im Volumen von 18 Milliarden Euro.
Aber auch bei der Rüstungssparte geht gelegentlich was schief. So musste sich TKMS zuletzt dem Konkurrenten Mitsubishi Heavy Industries geschlagen geben. Der japanische Konzern erhielt nach Ausschreibung den Zuschlag für den Bau von Fregatten für die australische Marine im Volumen von zehn Milliarden Australischen Dollar (5,6 Milliarden Euro). Es handelt sich dabei um einen der größten Aufträge des dortigen Militärs. In Down Under fühlt sich die aktuelle Regierung Verlautbarungen zufolge sehr vom weit entfernten China bedroht und will die Größe seiner Kriegsflotte verdoppeln.
Unruhig mit Blick auf TKMS gibt sich weiterhin die IG Metall. Die Gewerkschaft beharrt auf einem Einstieg des Staates beim künftig selbständigen Rüstungsunter-nehmen – aus Sorge um die dortigen Jobs. »Wir halten einen Staatseinstieg weiterhin für unerlässlich«, sagte am Freitag die Geschäftsführerin der IG Metall Kiel-Neumünster, Stephanie Schmoliner, die auch stellvertretende Aufsichtsratschefin bei TKMS ist, laut Reuters. »Nur so können wir auf Augenhöhe mit europäischen Wettbewerbern, bei denen überall der Staat beteiligt ist, mithalten.« Die Bundes-regierung sieht derzeit hierbei keinen Handlungsbedarf.
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