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Aus: Ausgabe vom 08.08.2025, Seite 11 / Feuilleton
Nachruf

Sind so große Zähne

Zum Tod von Wolfgang Buresch, dem Vater der Puppencomedy für Kinder
Von Marc Hairapetian
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Hier wird dir geholfen: In der Praxis von Dr. h. c. Cäsar

»Biddeschööööön!« So moderierte der Hase Cäsar seine Gäste in »Schlager für Schlappohren« an, einer der ersten Kultsendungen des westdeutschen Fernsehens. Von 1967 bis 1971 lief die WDR-Produktion, die auch in der DDR heimliche Fans hatte. Die freche Klappmaulpuppe präsentierte zusammen mit ihrem menschlichen Kollegen Arno Görke Studiogäste wie die »Schuld war nur der Bossa Nova«-Sängerin Manuela, die ihre aktuellen Pop- und Beatmusiktitel vortrugen.

»Biddeschööööön!« Mit diesem Wort geleitete mich Wolfgang Buresch, der den »muuutigen«, von Anni Arndt entworfenen Stoffhasen mit dem losen Mundwerk gespielt und gesprochen hatte, Ende Juni 2016 in den Garten seines Hamburger Anwesens, wo er mir zum Interview keine Möhren, sondern frische Erdbeeren servierte. Trotz der Befürchtung, mein mich stets begleitender Sibirischer-Wolfhund-Husky-Mix Felix könne Cäsar den Kopf abbeißen, posierte er mit der Originalhandpuppe für ein gemeinsames Foto. Felix ließ Cäsar unversehrt. Es war der Beginn einer Freundschaft mit dem Mann, der hierzulande das Kinderfernsehen revolutionierte.

Apropos Felix: Wolfgang Buresch, der am 4. Februar 1941 in Kiel geboren wurde und am 4. August 2025 in Hamburg einem Krebsleiden erlag, bellte (!) als Hund Felix Lochnase zwischen 1975 und 1978 die Intros von über 100 Hörspielen des gleichnamigen Schallplattenlabels der RCA. Bereits mit 18 wurde er Mitglied der Hohnsteiner Puppenspiele, Bühne Friedrich Arndt. Als Kaspers Hund Wuschel hörte man ihn auf LPs: »Auf einer großen Bühne sind wir hin und her geflitzt – damals wurde der Stereoeffekt noch live und nicht technisch am Mischpult erzeugt.«

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»Stoffel und Wolfgang« – Wolfgang Buresch in Aktion

1963 stieg Buresch bei den Hohnsteinern aus. Er hatte inzwischen eine »Vollakademikerin« geheiratet, seine Frau Uta. »Damit mein Selbstbewusstsein keinen Knacks bekam«, widmete er sich neben dem Studium der Theaterwissenschaft auch der Psychologie und der Pädagogik. Der Rest ist Geschichte: Von Mitte der 1960er bis weit in die 80er Jahre prägte er das Kinderprogramm der ARD: Als Puppenspieler, Schauspieler, Regisseur, Dramaturg und Autor begeisterte das Multi­talent mit den Serien »Stoffel und Wolfgang«, »Der Hase Cäsar«, »Dr. h. c. Cäsar – Beratungen aller Art«, »Maxifant und Minifant«, »Plumpaquatsch«, »Emm wie Meikel« oder »Spaß muß sein« kleine, größere und erwachsene Kinder.

Der Vater der Puppencomedy für Kids im TV war beim NDR von 1971 bis 2002 Fernsehredakteur. Dort wurde er als Leiter der Abteilung »Kinder und Familie« pensioniert. Bereits 2004 gab es im Kika ein Comeback für den späteren Medienberater und Sozialtherapeuten: In 13 Folgen von »Hase Cäsar präsentiert …« kommentierte das unverwüstliche Schlappohr Klassiker des ARD-, ZDF- und DFF-Kinderprogramms aus Sicht des neuen Jahrtausends. Das Geheimnis von Wolfgang Bureschs Erfolg? »Ich habe mich mit meinen Programmen an der kindlichen Entwicklung orientiert; habe Kinder immer ernst genommen. Ich liebe Menschen und ihre Möglichkeiten.«

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