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Aus: Ausgabe vom 07.08.2025, Seite 6 / Ausland
Konflikt mit China

Diamanten statt Perlen

Indien und Philippinen: Präsident Marcos zu Besuch in Delhi. Militärmanöver und »Strategische Partnerschaft« gegen China
Von Jörg Tiedjen
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Um seiner angeblichen Einkreisung durch China zu entgehen, sucht Neu-Delhi Verbündete in Manila (Neu-Delhi, 5.8.2025)

Bei einem Treffen in Neu-Delhi haben Indiens Premierminister Narendra Modi und der philippinische Präsident Ferdinand Marcos jr. am Dienstag erklärt, ihre Beziehung auf das Niveau einer »strategischen Partnerschaft« zu heben. Dazu soll »ein umfassender Aktionsplan« erarbeitet werden, wie Modi laut Presseberichten sagte. »Unser bilateraler Handel wächst stetig und hat die Marke von drei Milliarden US-Dollar überschritten. Um ihn weiter zu stärken, ist es unsere Priorität, die Überprüfung des Freihandelsabkommens zwischen Indien und den ASEAN-Staaten so schnell wie möglich abzuschließen.« Am Mittwoch legte Marcos als Vorsitzender des Regionalbündnisses ASEAN im kommenden Jahr nach und stellte in einer Presseerklärung ein bilaterales Abkommen in Aussicht, das den Handel zwischen den beiden asiatischen Nationen erleichtert.

Marcos war am Montag mit einer großen Delegation zu seinem ersten Staatsbesuch in Neu-Delhi eingetroffen, der bis Freitag dauern soll. Offizieller Anlass ist die Feier von 75 Jahren diplomatischen Beziehungen zwischen Manila und Neu-Delhi. Doch von Anfang an war klar: Es geht gegen China. Noch bevor Marcos am Montag nach Indien aufbrach, hatten die beiden Länder am Sonntag ein zweitägiges Marinemanöver begonnen. Drei indische Kriegsschiffe schlossen sich einer philippinischen Fregatte auf einer Patrouillenfahrt im Südchinesischen Meer an. Dort erheben Manila und Beijing seit Jahrzehnten widerstreitende Territorialansprüche, wobei die Philippinen sich auf das Seerechtsabkommen der UNO berufen. Indien unterstützt diesen Standpunkt, wie die Zeitung Philippine Daily Inquirer am Dienstag hervorhob.

Zwar hatte es nach dem BRICS-Gipfel im vergangenen Jahr zunächst den Anschein, als ob Indien und China ihre eigenen Streitigkeiten etwa um Grenzverläufe im Himalaja beilegen könnten. Doch durch den von Neu-Delhi im Anschluss an den Terroranschlag von Pahalgam im indischen Teil von Kaschmir Ende April vom Zaun gebrochenen »Zwölftagekrieg« gegen Pakistan ist auch der Konflikt zwischen den beiden Großmächten wieder aufgeflammt. Denn Beijing ist ein enger Verbündeter Islamabads, und chinesische Waffen waren die Ursache einer empfindlichen Demütigung, die Neu-Delhi bei dem Kräftemessen hinnehmen musste: den Verlust mehrerer Militärflugzeuge, darunter mindestens eines kostspieligen »Rafale«-Jets. Erst am Sonnabend hatte die Agentur Reuters in einem Bericht beschrieben, wie der Abschuss der »Rafale« durch einen indischen Aufklärungsfehler und fehlende Informationen über die Reichweite chinesischer Luft-Luft-Raketen zustande kam.

Indien sieht sich zunehmend von China umzingelt. Laut einem im Mai veröffentlichten Strategiepapier der Denkfabrik Swadeshi Shod Sansthan wirft Neu-Delhi Beijing vor, den indischen Subkontinent mit einer »Perlenkette« aus Militärstützpunkten und Handelszentren zu umgeben. »Chinas zunehmende Präsenz im Indischen Ozean schränkt Indiens Handlungsfähigkeit in der eigenen Region ein. Die engen Beziehungen Chinas zu Pakistan verstärken die Sorge vor einer möglichen militärischen Zusammenarbeit, die Indiens Sicherheit in Jammu und Kaschmir sowie Ladakh beeinträchtigen könnte«, so der Thinktank. Der »Perlenkette« soll nun mit einer »Diamanthalsband« genannten Strategie begegnet werden, von der das Marinemanöver mit den Philippinen eine gute Illustration liefert: Man kreist den Gegner, dem man Einkreisung vorwirft, selbst ein – wenn auch zunächst nur punktuell und symbolisch.

Für eine Verbesserung des Verhältnisses zu Washington kam der Schulterschluss Indiens mit dem engen US-Verbündeten Philippinen allerdings zu spät. Nachdem der indische Außenminister Subrahmanyam Jaishankar am Montag einmal mehr zur Kenntnis gegeben hatte, dass sein Land keineswegs bereit sei, der Forderung Donald Trumps nach einer Einstellung aller Erdöl- und Gaskäufe in Russland nachzukommen, hat der US-Präsident am Mittwoch indische Ausfuhren mit zusätzlichen Zöllen von 25 Prozent belegt. Damit verdoppelt sich der Satz laut dpa auf insgesamt 50 Prozent.

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