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Aus: Ausgabe vom 07.08.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
Horn von Afrika

Eritrea bereit zur Verteidigung

Äthiopien wirft Nachbarn Kriegsvorbereitung vor – Asmara warnt vor Ausweitung von Feindseligkeiten
Von Ina Sembdner
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Kooperation statt Krieg: Eritreas Präsident Afewerki auf dem Weg zum China-Afrika-Forum in Beijing (1.9.2024)

Den vorläufigen Höhepunkt der von Äthiopien geschürten Spannungen gegenüber seinem Nachbarn Eritrea bildete jüngst ein Brief aus Addis Abeba in Richtung »internationaler Gemeinschaft«. Laut Medienberichten sei das Schreiben, in dem Eritrea die Vorbereitung eines Krieges vorgeworfen wird, an US-Außenminister Marco Rubio, UN-Generalsekretär António Guterres sowie verschiedene Staats- und Regierungschefs gegangen. Parallel dazu berichten regionale Medien seit Ende Juli davon, dass die äthiopischen Streitkräfte Panzer, Artillerie und andere Ausrüstung an der südöstlichen Grenze zu Eritrea in Richtung des Hafens Assab mobilisierten. Dieser steht im Zentrum der in Addis Abeba verfolgten Strategie, dass der souveräne Zugang zum Meer essentiell für das Überleben des Binnenlandes sei.

In dem auf den 20. Juni datierten Brief beschuldigt der äthiopische Außenminister Gedion Timotheos Eritrea der »unablässigen Zusammenarbeit und Koordinierung« zwischen einer Fraktion der »Volksbefreiungsfront von Tigray« (TPLF) und »anderen bewaffneten Gruppen, die unter ihrer Aufsicht stehen, um während der bevorstehenden Regenzeit größere Offensivaktionen durchzuführen«. Timotheos bekräftigt darin Äthiopiens »inhärentes Recht, alle nach internationalem Recht erforderlichen Mittel« einzusetzen, um seine Souveränität zu verteidigen, wie der Addis Standard berichtete. Vorgeworfen wird der eritreischen Seite die Besetzung von Gebieten in der Grenzregion Tigray. Seine Regierung bevorzuge jedoch weiterhin »friedliche und für beide Seiten vorteilhafte Wege durch Dialog und friedliches Engagement«. Die »drohende Gefahr für den Frieden und die Sicherheit in der Region« gehe demnach allein »von der Kriegslust Eritreas aus«.

Eine entsprechende Reaktion aus Eritreas Hauptstadt Asmara folgte umgehend am 26. Juni. In der vom Informationsministerium veröffentlichten Erklärung wurde die »diplomatische Kampagne« als »durchsichtiger Trick« bezeichnet, »der darauf abzielt, die internationale Gemeinschaft hinters Licht zu führen«, um Unterstützung für Ahmeds »seit langem geplante Kriegsagenda zu gewinnen«. Tatsache sei, dass sich dessen regierende Wohlstandspartei »in den vergangenen zwei Jahren rücksichtslos in unangebrachten Äußerungen und provokativem Säbelrasseln erging, um, wie sie selbst sagt, eritreische Häfen ›auf legalem Wege, wenn möglich, und, wenn nötig, militärisch zu erobern‹«. Untermauert worden sei das mit Waffenkäufen und »unzähligen subversiven Handlungen«. Das hielt den äthiopischen Premier nicht davon ab, das »Recht« seines Landes auf einen Zugang zum Meer zu unterstreichen. Man habe jedoch nicht die Absicht, sich »auf irgendeine Form des Konflikts einzulassen – und wir erwarten das Gleiche von ihnen«, so Abiy am 3. Juli vor dem Parlament. Um hinzuzufügen: »Sollte es zu einer Bedrohung unseres Friedens kommen, verfügt Äthiopien über die volle Kapazität, sich zu verteidigen – und das wird es auch.«

Eritreas Präsident Isaias Afewerki, im Westen als Despot markiert, ging am 19. Juli in einem (regional) viel beachteten und inhaltlich umfassenden Interview gegenüber lokalen Medien ebenfalls auf diese Spannungen ein. »Diejenigen, die Eritrea der Kriegstreiberei oder militärischer Aggressionsabsichten bezichtigen, haben entweder keine Ahnung von der Geschichte oder stellen sie absichtlich falsch dar«, kommentierte Afewerki. Solche Vorwürfe entbehrten nicht nur jeder Grundlage, sondern seien »infantil«. So werde etwa »mit neu beschafften Waffen geprahlt, darunter Raketen mit einer Reichweite von 3.500 Kilometern, Panzer und Artillerie«. Eritrea habe sich in 80 Jahren nie für Krieg entschieden, »aber wenn uns der Krieg aufgezwungen wird, haben wir keine andere Wahl, als uns ihm zu stellen«.

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