Russisches Außenministerium: Moratorium zur Stationierung von Mittelstreckenraketen wird aufgekündigt

Das Außenministerium der Russischen Föderation erklärte am Montag abend auf seiner Website, dass das russische Moratorium zur Stationierung von Mittelstreckenraketen aufgehoben werde – als Reaktion auf die Aufkündigung des INF-Vertrags durch die USA im Jahr 2019:
Vor dem Hintergrund gezielter Schritte der USA, die 2019 und in den Folgejahren zur Kündigung des INF-Vertrags (Vertragsinhalt: Vernichtung aller boden- und landgestützten Nuklearraketen mit mittlerer und kürzerer Reichweite, jW) führten, bemühte sich die Russische Föderation proaktiv um Zurückhaltung in diesem Bereich. (…)
Es muss jedoch festgestellt werden, dass die russischen Initiativen nicht erwidert worden sind. Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten haben nicht nur offen Pläne zur Stationierung amerikanischer landgestützter Mittelstreckenraketen in verschiedenen Regionen dargelegt, sondern auch bereits erhebliche Fortschritte bei der praktischen Umsetzung ihrer Absichten erzielt. (…)
Konkret verzeichnen wir seit 2023 Präzedenzfälle für die Übergabe amerikanischer Systeme, die für bodengestützte INF-Starts geeignet sind, an europäische NATO-Staaten zum »Testen« dieser Waffen im Rahmen von Übungen mit klar antirussischem Fokus. Konkret geht es um Übungen in Dänemark, bei denen eine mobile Trägerrakete des MK-70-Standards zum Einsatz kam. Im Hinblick auf den asiatisch-pazifischen Raum stellen wir fest, dass unter dem Vorwand von Übungen im April 2024 das Mittelstreckenraketensystem »Typhon« an die Philippinen geliefert wurde, das sich noch immer auf dem Archipel befindet.
Dasselbe System wurde im Juli dieses Jahres in Australien für Schießübungen im Rahmen der multilateralen Trainingsveranstaltung »Talisman Saber 2025« eingesetzt. Im Rahmen derselben Übungen stationierte das US-Militär erstmals das Hyperschallsystem »Dark Eagle« mittlerer Reichweite im Ausland. (…) Die genannten Maßnahmen der USA und ihrer Verbündeten gehen mit offiziellen Erklärungen einher, die eine »langfristige« (und im wesentlichen dauerhafte) Präsenz amerikanischer Waffen dieser Klasse in Europa und im asiatisch-pazifischen Raum sicherstellen wollen. Insbesondere kündigten Washington und Berlin Pläne an, die genannten Systeme »Typhon« und »Dark Eagle« ab 2026 in Deutschland zu stationieren, mit dem Ziel einer »langfristigen Stationierung«.
Gleichzeitig ist seit 2021 eine spezialisierte Taskforce amerikanischer Militärangehöriger dauerhaft in Deutschland stationiert. (…) Die oben genannten Schritte des »kollektiven Westens« führen insgesamt zur Bildung und zum Aufbau destabilisierender Raketenpotentiale in den an die Russische Föderation angrenzenden Regionen und stellen eine direkte Bedrohung für die Sicherheit unseres Landes dar, die zudem strategischer Natur ist. (…) Wie von russischer Seite stets betont, erfordert ein solches Szenario kompensierende militärtechnische Maßnahmen unseres Landes, um neu auftretenden Bedrohungen zu begegnen und das strategische Gleichgewicht zu wahren. Da unsere wiederholten Warnungen in dieser Angelegenheit ignoriert wurden und sich die Situation in Richtung einer tatsächlichen Stationierung landgestützter INF-Raketen amerikanischer Produktion in Europa und im asiatisch-pazifischen Raum entwickelt, stellt das russische Außenministerium fest, dass die Bedingungen für die Aufrechterhaltung eines einseitigen Moratoriums für die Stationierung ähnlicher Waffen nicht mehr gegeben sind. (…)
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Andreas E. aus Schönefeld (6. August 2025 um 05:53 Uhr)Damit geht die Eskalationsspirale weiter. Das sind die Auswirkungen des Stationierungsbeschlusses für die Mittelstreckenraketen der USA in Deutschland, die Auswirkungen der NATO-Osterweiterung, eine Reaktion auf die Aussage des US-Generals Christopher Donahue vom Juli diesen Jahres man könne Kaliningrad schnell und unkompliziert erobern und die Verlagerung von US-Kernwaffen nach Lakenheath in Großbritannien trägt auch nicht gerade zur Beruhigung der Lage bei. Und wer sich die Planungen zum kommenden NATO-Manöver »Quadriga 2025« auf der Webseite der Bundeswehr ansieht, wird eines feststellen: Da wird fleißig geübt, nur geübt? Oder geht man aus der Manöverlage in den »heißen« Angriff über? Verlagerung weiterer NATO-Kampfverbände ins Baltikum ist ein zentraler Bestandteil dieses Manövers. Und das unter Führung der »Commander Task Force Baltic« in Rostock. Ein weiteres Mal wurden die Regelungen des 2+4-Vertrages ausgehebelt. Schon das vergangene Manöver BaltOps 2025 war von dieser Militärdoktrin geprägt. Russland wird zu dem beschriebenen Schritt gezwungen. Die NATO zieht die Schlinge unbarmherzig zu und will Russland provozieren. Man muss immer wieder feststellen, dass Putin und sein Stab sehr besonnen reagiert – trotz der permanenten Bedrohung aus dem Westen. Wir haben die Linie, die durch die sogenannte Kuba-Krise 1962 von Chruschtschow und Kennedy gezogen wurde, längst überschritten. Die Schlußakte von Helsinki, die vor 50 Jahren unterschrieben wurde, ist im Papierkorb gelandet. Und alles unter dem Vorwand, wir müssten uns vor dem »bösen Russen« schützen. Das hatten wir schon mal und das kostete über 60 Millionen Menschen das Leben. Heute, an dem Tag, an dem vor 80 Jahren die erste Atombombe gegen Zivilisten in Hiroshima eingesetzt wurde, müssen wir an die Hunderttausenden Opfer dieser sinnlosen Tat der USA gedenken. Wir müssen verhindern, dass im nächsten Atomblitz Milliarden Menschen verglühen.
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