Abrüsten, bevor es zu spät ist
Von Arnold Schölzel
Vor 80 Jahren zerstörte eine US-Atombombe die japanische Stadt Hiroshima. Am 9. August 1945 folgte die Atombombe auf Nagasaki. Die Explosionen töteten rund 100.000 Menschen sofort, bis Ende 1945 starben etwa weitere 130.000 Menschen. Die genaue Zahl der Opfer, die an Spätfolgen bis heute ums Leben kamen, ist unbekannt, es dürften einige Hunderttausend sein.
Kurz vor dem 80. Jahrestag der beiden Atombombenabwürfe besteht für die Menschheit die wahrscheinlich größte Gefahr seit 1945, dass es zu einem Atomkrieg kommen könnte. Am 28. Januar setzte jedenfalls das »Bulletin der amerikanischen Atomwissenschaftler« seine »Weltuntergangsuhr« auf 89 Sekunden vor Mitternacht und damit »der Auslöschung der Menschheit am nächsten«. Das war eine Woche nach der Einführung Donald Trumps in seine zweite Amtszeit.
Der US-Präsident hat viel getan, um die mit ihm einhergehende Gefahr zu bestätigen. Erst in der vergangenen Woche ordnete er an, Atomunterseebote »näher an Russland« zu verlegen. Im Juni griff er gemeinsam mit Israel iranische Atomanlagen an. Das russische Außenministerium warnte damals vor »einer nuklearen Katastrophe«. Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz hingegen zeigte sich »dankbar«: »Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle.«
Am Montag abend kam nun aus Moskau eine Antwort auf die Weltherrschaftsträume, die sich hinter solchen Kriegshandlungen und Äußerungen verbergen, die Berlin und Washington mit der Realität konfrontiert: Das russische Außenministerium erklärte den Ausstieg aus dem Moratorium, an das sich Russland nach der Kündigung des INF-Vertrages (Intermediate Range Nuclear Forces Treaty) durch Trump in seiner ersten Amtszeit 2019 gehalten hatte. Der 1987 zwischen USA und Sowjetunion geschlossene Vertrag – der bisher einzige Abrüstungsvertrag auf diesem Gebiet – sah die Vernichtung aller landgestützten Atomraketen mit mittlerer und kürzerer Reichweite (zwischen 500 und 5.500 Kilometer) vor.
Die russische Erklärung führt mehrere Tatsachen an, mit denen die USA und Verbündete eine neue atomare Bedrohung herbeigeführt haben oder demnächst herbeiführen wollen. So seien die Tests der von Washington in einer Vielzahl von Varianten entwickelten Basisversionen neuer Mittelstreckenraketen »weitgehend abgeschlossen oder befinden sich in der Endphase«. Die Serienproduktion einiger dieser Systeme habe begonnen. Das Pentagon bilde und stationiere in verschiedenen Regionen »Spezialeinheiten und Kommandos, um ihre frühzeitige Stationierung und Nutzung sicherzustellen«. Dabei geht es demnach nicht nur um Europa, sondern auch um Asien und den Pazifik. Getestet worden seien die neuen Raketen seit 2023 in Dänemark, 2024 seien sie »unter dem Vorwand von Übungen« an die Philippinen geliefert worden, befänden sich aber »noch immer dort«. Ausdrücklich verweist die Erklärung, dass das neue Waffensystem auch in der BRD ab 2026 stationiert werden soll. Im Juli sei es bei Schießübungen auch in Australien eingesetzt und zugleich das US-Hyperschallwaffensystem »Dark Eagle« erstmals im Ausland stationiert worden. Das Pentagon habe offen erklärt, dass dies »zum Zweck der Machtdemonstration« geschehe.
Washington und Berlin spielen mit dem Feuer. Aus Hiroshima und Nagasaki haben sie nur den Schluss gezogen, dass atomare Abrüstung ein Hindernis ist. Abrüstung bleibt aber die einzige Chance für die Menschheit.
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