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Aus: Ausgabe vom 31.07.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Ressourcenknappheit

Wasserkrise im Iran spitzt sich zu

Das kühle Nass ist in zwei Dritteln der Provinzen knapp
Von Luca Schäfer
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Historisch niedriger Wasserstand: Die Amir-Kabir-Talsperre nordwestlich von Teheran (29.7.2025)

Nach dem Zwölf-Tage-Krieg mit Israel sieht sich Iran einer neuen existentiellen Herausforderung gegenüber: eklatanter Wassermangel und Dürre. Dem Land geht das Wasser aus, während die Islamische Republik gleichzeitig neue Temperaturrekorde verzeichnet. Im Nachbarland Irak wurden Temperaturen von bis zu 51 Grad gemessen. Wegen des Wassermangels in der Hauptstadt Teheran zieht der iranische Präsident Massud Peseschkian tatsächlich über eine Verlegung der 15-Millionen-Metropole nach. Teheran habe »wirklich kein Wasser mehr«, zitierte ihn das Nachrichtenportal Asr-Iran.

80 Prozent der iranischen Stauseen sind leer, an sieben ist der Wasserstand zudem unter zehn Prozent gefallen. In zwei Dritteln der Provinzen ist die Lage angespannt, was sich erst mit den Regenfällen im Herbst insgesamt entspannen dürfte. Durch die anhaltende Dürre sinken die Böden bis zu 22 Zentimeter ab, normal wären drei Zentimeter. Die gesamte Infrastruktur des Landes, »wie Pipelines, Stromtrassen und Schienenwege«, sei gefährdet, erklärte der in Kanada lebende Hydraulikexperte und Bauinspektor Roozbeh Eskandari gegenüber Deutsche Welle. Noch im Dezember stand die Energieversorgung im Land kurz vor dem Zusammenbruch – Ämter und Schulen wurden damals vorübergehend geschlossen.

Die Durchschnittstemperatur hat sich im Iran im Vergleich zum vorindustriellen Zeitraum um 1,8 Grad erhöht, ein Niederschlagsrückgang um bis zu 20 Prozent wird angenommen. Dürren sind 16mal wahrscheinlicher geworden. Dem britischen Guardian zufolge kontrolliert eine »Wassermafia«, bestehend aus den paramilitärischen iranischen Revolutionsgarden und mit ihnen verbundenen Firmen, die Wasservergabe. Oft zum Vorteil politisch Verbündeter und zum schnellen Profit, aber zum Nachteil der verletzlichen Regionen. So sollen unzureichende Umweltprüfungen und ein Fokus auf Staudämme in Kombination mit dem Anbau wasserintensiver Nutzpflanzen mitverantwortlich für die Krise sein.

Am Beispiel des Stroms Zayandeh Rud schätzten Politikwissenschaftler der Universität Kassel die Binnenfaktoren der Wasserknappheit im Iran ein. Demnach wendet die Islamische Republik zu wenige Einnahmen aus Ölgeschäften auf, um der Wasserknappheit zu begegnen. Ferner erhöhten Infrastrukturprojekte den Wasserbedarf, während nachhaltigere Strategien durch eine Vielzahl intransparenter Entscheidungen und das Primat einer subventionierten Großindustrie verfehlt würden, heißt es in einem Papier von 2020. Das Problem ist im Iran bekannt; der inhaftierte Soziologe Saeed Madani warnt seit Jahren vor den wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Klimawandels.

Zusätzlich verschärfen die Sanktionen gegen Iran die Situation. Sie treiben die Inflation an und behindern Investitionen. Das Parlament in Teheran erwägt nun, Arbeitswochen auf vier Tage zu verkürzen – mit Folgen für die gesamte Volkswirtschaft. Die umweltbedingten Krisen könnten die Keimzelle für neue Proteste bilden. Bis 2050 könnten 50 Millionen Iraner von Wassermangel betroffen sein, und ein Temperaturanstieg um nur ein Grad Celsius könnte einen Rückgang der Lebensmittelproduktion um bis zu zehn Prozent bedeuten.

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