Handel
Von Jürgen Roth
Ewig und drei Tage lang war Franken – als Erbe des Römischen Reiches – das Handels- und Kulturzentrum Europas, zumindest Mitteleuropas, vor allem die Kaiserstadt und Powertown Nürnberg besaß einstens eine große Strahlkraft. Infolge des sehr viel späteren Wirkens der betörend blöden SPD wurde das nachmalige Sammelsurium aus Playmobilhäusern und Betonriegeln allerdings final in einen Haufen Müll verwandelt.
Dito mit der Kultur im engeren Sinne ist es seit Hüttler und dann der Gründung der Nürnberger Nachrichten 1945 frankenweit vollends vorbei. Bliebe der Handel, und auf dem Sektor der Merkantilität müht man sich hie und da noch ein wenig, zum Beispiel in der hierorts bereits traktierten Stadt Heilsbronn.
Ein Faltblatt des Antik- und Goldankaufs, das ungeachtet der auf einem Bapperl geäußerten Bitte, keine Werbung einzuwerfen, im Briefkasten gelandet war (die Lesekapazitäten des Franken sind limitiert, man übe diesbezüglich Nachsicht), buhlt um Kunden: »Sie können alles Anbieten!« Die Großschreibung mag eine Reminiszenz an die Macht und die »Stärke« (Franz Josef Strauß, Britta Haßelmann) des Sacrum Imperium Romanum Nationis Germanicae sein, doch scheint sich eine solche Implikation, gemessen am heutigen Bildungsniveau in der Region, kaum mit den näheren Ausführungen aus der Feder des Herrn Krause zu vertragen, der den Laden betreibt.
Ich zitiere aus dem vierseitigen Dokument und ersuche die versierten Damen und Herren in der Korrekturabteilung, nicht einzugreifen, so schwer es ihnen fallen wird: »Der Antik & Goldankauf ladet Sie ein! Besuchen Sie uns, und lassen Sie sich in unserem Ausstellungsraum in die Welt der Antike verzaubern! Professioneller Ankauf und Kostenlose Schmuck- Uhren- Kunst & Antiquitäten- Edelmetall- Edelstein Begutachtung/ Bewertung für Ihre Gegenstände, die zum Verkauf anstehen. Als Familienunternehmen in dritter Generation haben sich Herr Krause mit seinem Unternehmen als vertrauenswürdiger Experte auf dem Gebiet von Edelmetallen, Edelsteinen, antiken Uhren und religiöser Volkskunst ect. etabliert. Sein umfangreiches Fachwissen in der Antike von Gotik bis zur heutigen Zeit, sowie seine Interessen und Leidenschaft für exzellente Dienstleistungen, machen sie zu einer verläßlichen Anlaufstelle für Kunden, die auf der Suche nach Qualität und Kompetenz sind.«
Von Herrn Krauses geballter Kompetenz halb ausgeknockt, schleppte ich mich ins »Seven Bistro«, um das Hirn zu lockern.
Der Große Malaka stierte ins Leere. »Mein Freund …«, sprach ich ihn an, in dem Gefühl, dass mit ihm etwas nicht stimmte.
Er schaute mich an und begann zu weinen. »Frau drei Jahre tot! Frau drei Jahre gestorben! Frau Impfung, einen Tag später tot!«
Ich nahm ihn in den Arm, und er greinte zum Herzzerreißen. Mir fiel nichts ein. Was hätte ich sagen können?
Nach ein, zwei Minuten löste er sich. »Leben scheiße, ich holen Ouzo.«
Von zu Hause holte er ein edel gestaltetes Fläschchen Tsipouro, den die Familie Katsaros in vierter Generation erzeugt.
Es war die mildeste, weichste Spirituose, die mir jemals kredenzt wurde.
»Is’ gutt?« fragte mich der Große Malaka. Ich nickte, und er lächelte ein bisschen.
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