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Klassentreffen

Von Marco Bertram
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Ja, wo laufen sie denn? Tesch-Sportplatz in Prenzlauer Berg

Dunckerstraße! Düsterer konnte ein Straßenname in den Ohren eines Kindes kaum klingen. Anfang der 80er fuhren wir öfter zur Patentante Irmgard, die in einer geräumigen Altbauwohnung in jener Straße wohnte. Mich faszinierten als Kind die grauen Fassaden, die Glasvitrine in Irmgards Wohnzimmer und die von ihr servierte wahnsinnig fette Buttercremetorte. Damals liefen meine Eltern und ich gewiss am von Wohnhäusern umrahmten Tesch-Sportplatz vorbei, auf dem auch in diesem Sommer wieder der Exer-Pokal ausgetragen wird. Exer und Duncker – diese Kombi hätte mir als Knirps sicherlich gefallen. »Die Jagd beginnt«, titelt die SG Blankenburg auf ihrer Webseite.

Bereits seit 1951 wird der Exer-Pokal im Bezirk Prenzlauer Berg ausgetragen, seit der Bezirksreform 2001 nehmen Mannschaften aus ganz Pankow teil. Einst wurde dieser Pokal auf dem »Exer« (einstiger Exerzierplatz) – sprich auf dem Gelände des Jahn-Sportparks – ausgespielt, inzwischen rollt der Ball, zur Freude vieler Groundhopper, auf dem Tesch-Sportplatz. In diesem Sommer geht es bis zum 9. August zur Sache, zehn Mannschaften versuchen in zwei Staffeln ihr Glück.

Am vergangenen Sonnabend schaute ich dort vorbei und bekam zwei Partien zu sehen. Am Eingang wurden schlappe zwei Euro Eintritt verlangt, für ein Bierchen oder eine Wurst mussten 3,50 Euro hingelegt werden. Auf den Bierbänken sah man sehr schnell bekannte Gesichter, und an meinem Tisch saßen friedlich vereint Fans von Hertha, Union, BFC und Hansa. Ein allseits bekannter weinroter Wimpel- und Pinsammler wusste uns gut zu unterhalten, zeigte uns die eine oder andere erstandene Rarität und schoss bei einem Becher Fassbrause den Vogel ab. In meinem jüngsten Werk »Kaperfahrten II« blätternd, entdeckte er eine Abbildung von einem Wimpel der ISG Schwerin Süd. »Warte mal, hab ick ooch!« Sekunden später zauberte er ein blau-weiß-gelbes Originalstück aus seiner Umhängetasche.

Wollen wir mal ehrlich sein. Bei den Vorrundenspielen SV Blau-Gelb Berlin versus SG Nordring (5:3) und Berliner TSC versus SV Buchholz (4:3) wurde beim Kaltgetränk mehr über dieses und jenes palavert, als aufs Spielgeschehen geschaut. Aber dennoch bekamen wir mit, dass der Bezirksligist Blau-Gelb Berlin gegen die SG Nordring (Kreisliga C) bereits nach drei Minuten mit 2:0 führte und es nach einem Kantersieg schnupperte, am Ende aber das Ganze doch mit 5:3 knapper ausging als gedacht. Als dann auch noch ein englischer Fotograf von Preston North End auftauchte, wurde es zu einem echten Klassentreffen. Lust auf mehr? Auch unter der Woche gibt’s abends um 19 Uhr stets ein Spiel. So steht am Dienstag das Duell Pfeffersport versus SG Blankenburg an!

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