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Aus: Ausgabe vom 22.07.2025, Seite 6 / Ausland
Sandinistas

Nicaragua feiert 46 Jahre Revolution

Präsident Ortega kritisiert Kolonialismus, Imperialismus und internationale Institutionen
Von Thorben Austen, Quetzaltenango
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Tausende würdigen am Sonnabend in Managua die Sandinistische Revolution

Tausende Menschen haben in Managua am Sonnabend den 46. Jahrestag des Sieges der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront (Frente Sandinista de Liberación Nacional, FSLN) über die Diktatur von Anastasio Somoza gefeiert. Zu der offiziellen Feier auf der Plaza de la Fe waren Regierungsdelegationen aus Palästina, Abchasien, der Volksrepublik China, Myanmar, Kuba, der Demokratischen Volksrepublik Korea, Algerien, Belarus und der Russischen Föderation angereist, ferner waren Delegationen aus Venezuela, Vietnam, der Türkei, Honduras, Burkina Faso, Côte d’Ivoire und Kuwait anwesend.

Die russischen und chinesischen Vertreter waren zentral neben Daniel Ortega und seiner Ehefrau Rosario Murillo plaziert, die das Land nach der Verfassungsänderung im vergangenen Jahr offiziell als gleichberechtigte Kopräsidenten regieren. Anna Kusnezowa, Vizepräsidentin der Duma, übermittelte die Glückwünsche von Staatspräsident Wladimir Putin und erklärte, sie »fühle auf dem Platz die Einheit des Volkes«. Die Zusammenarbeit zwischen Russland und Nicaragua wird sich im »Interesse der Zukunft unserer Kinder« entwickeln. Ma Hui, stellvertretender Sekretär für internationale Beziehungen der Kommunistischen Partei Chinas, übermittelte die Grüße von Staatspräsident Xi Jinping und »100 Millionen Mitgliedern« der KPCh. Nicaragua habe unter der FSLN »sozioökonomische Erfolge erzielt« und die strategische Kooperation beider Länder werde ausgebaut.

Nicaragua hat seine wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu Russland und China in den vergangenen Jahren vertieft. Ende Juni unterzeichneten der russische Justizminister Konstantin Tschuitschenko und Laureano Ortega, Berater und Sohn des Präsidentenpaars, in Moskau ein Abkommen zum »gegenseitigen Schutz«. Am 10. Juli wurde dessen Text vom Parlament in Managua angenommen. Das Abkommen soll den »gegenseitigen Schutz der Bürger vor Missbräuchen im Bereich der internationalen Justiz« gewährleisten. Oppositionelle Politiker erklärten in den Medien, das Gesetz solle Ortega und Murillo dienen, damit sie im Falle eines Machtverlustes der FSLN vor »juristischer Verfolgung nach Russland flüchten können«. Die VR China und Nicaragua hatten erst im Dezember 2021 wieder diplomatische Beziehungen aufgenommen und am 9. Juli dieses Jahres die chinesische Botschaft in Managua wiedereröffnet. Nach der Wahlniederlage der FSLN 1990 hatte sich das Land politisch an Taiwan orientiert.

Am Abend ergriff Präsident Ortega das Wort, angekündigt von »Daniel, Daniel«-Sprechchören aus den Zuschauerreihen, bei denen neben Tausenden Anhängern der Sandinistischen Jugend auch mehrere Reihen Soldaten und Polizisten in Uniform anwesend waren. Der Staatschef begann mit den Worten »Wir sind alle Daniel« und ging dann in seiner Rede auf die Geschichte des Kolonialismus weltweit ein. »Der Faschismus ist in Europa entstanden, Europa stellt sich aber heute als Verteidiger von Demokratie und Menschenrechten dar.« Die »Verbrechen von Kolonialismus und Sklaverei« dürften nicht vergessen werden, Europa habe in Afrika »Millionen Tote« zu verantworten. Heute »ermorden die Zionisten in Gaza in aller Ruhe Zehntausende Menschen, ganze Familien, Krankenhäuser mit Patienten und Ärzten drin werden mit nordamerikanischen und europäischen Waffen bombardiert«. Die Vereinten Nationen »sehen tatenlos zu«.

Die UNO sei ein »Instrument des Imperialismus«, das »nichts tauge« und »reformiert werden müsse«, erklärte der Staatschef unter dem Beifall der Zuschauer. Heute richte der »Imperialismus seine Angriffe gegen China und Russland, als ökonomische Mächte«. In Nicaragua herrsche aktuell Frieden, das bedeute aber »nicht, dass der Feind schläft, der Feind konspiriert immer, um die Revolution zu besiegen«, sagte Ortega und beendete seine Rede mit einem Aufruf »an die Einheit Mittel- und Lateinamerikas, um die Armut zu besiegen«.

Internationale Institutionen wie die UNO kritisierte Ortega in seiner Rede mehrfach scharf. Im Februar dieses Jahres hat das Land den UN-Menschenrechtsrat nach Kritik an Menschenrechtsverletzungen in Nicaragua verlassen, Anfang Mai folgte der Austritt aus der UNESCO. In diesem Fall hatte Managua den Schritt in erster Linie mit einer Preisverleihung der für Bildung, Wissenschaft und Kultur zuständigen Organisation an die oppositionelle Zeitung La Prensa begründet.

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