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Aus: Ausgabe vom 19.07.2025, Seite 8 / Ansichten

Aufklärerin des Tages: Sika Golf

Von Nick Brauns
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Zeremonie von buddhistischen Mönchen vor einem Tempel in Bangkok (14.7.2024)

In Thailand gilt der Buddhismus bis heute als ein Garant der Stabilität – mit dem König als »Verteidiger des Buddhismus« an der Spitze. Doch nun gehen Schockwellen durch das Land, nachdem ein Sexskandal den moralischen Verfall des Klerus enthüllt hat.

Am Dienstag wurde die 35jährige Wilawan E., Spitzname Sika Golf, in Bangkok festgenommen. Die aus einer armen Familie stammende Mutter von drei Kindern soll über Jahre hinweg sexuelle Beziehungen zu mindestens 13 hochrangigen Mönchen unterhalten und dafür fast zwölf Millionen US-Dollar an Geschenken und Schweigegeld kassiert haben. Auf ihren Handys fanden sich rund 80.000 Fotos und 5.000 Videos, die sie beim Sex mit den Mönchen zeigen. Offiziell leben diese spirituellen Erben Buddhas im Zölibat, schon die Berührung einer Frau ist ihnen verboten.

Die Millionen, die Sika Golf kassierte, dürften aus Klosterkassen stammen, also aus Spenden der Gläubigen, die sich damit Karma erkaufen wollen. Dass viele Mönche keineswegs in Askese leben, haben schon frühere Skandale offenbart. Erst im Mai ist ein Abt verhaftet worden, der fast zehn Millionen US-Dollar aus einem Tempel für ein Onlineglücksspielnetzwerk veruntreut hatte. Solche Enthüllungen hinterlassen Spuren in der Gesellschaft. »Ich bin nicht mehr so religiös wie früher«, zitiert AFP etwa den 33jährigen Motorradtaxifahrer Mongkol Sudathip. »Ich habe keinen vollständigen Respekt mehr.« Statt an Tempel wolle er lieber für Krankenhäuser spenden.

Ein Ausschuss des Senats hat nun gefordert, Sex mit Mönchen unter Strafe zu stellen, also letztlich Frauen für Heuchelei und Geilheit der Kuttenträger büßen zu lassen. Zumindest Sika Golf ist auf Kaution freigekommen und spricht im Fernsehen freimütig über ihre »romantischen Affären« mit ihren Liebhabern in Orange. Sie verdient eine Auszeichnung für antireligiöse Aufklärung.

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  • Leserbrief von Frank Lukaszewski aus Oberhausen (21. Juli 2025 um 06:27 Uhr)
    »Sika Golf« praktizierte offensichtlich recht erfolgreich verdeckte Sexarbeit mit sogenannten religiösen Saubermännern. Kapitalistisch gedacht, wäre eigentlich ein herzlicher Glückwunsch angebracht. Sie erwirtschaftete viel Geld. Erpressung war im Spiel? Nicht die ganz feine Art. Allerdings: Wer konnte sich eigentlich erpressen lassen? Und warum? Da sind jene Buddha-Zeremonienmeister wohl tendenziell sprachlos. Glaubensbekenntnisimmanente Verlogenheit halt. Dies scheint (fast?) allen Religionen ihrem Wesen nahe zu liegen. Vielmehr interessanter bleiben jedoch auch hierzulande die pädophilen als auch anderen sexuellen Verbrechen in der »Heligen Mutter Kirche« mit ihren weltweit über 1,4 Milliarden Sektenmitgliedern. Verübt seitens der »Väter« an ihren »Schäfchen«. Nicht alleine führende Katholiken, von Bischöfen bishin zu Kardinälen (oder gar dem Papst?) versuchen gerne weiterhin, das biblische Feigenblättchen Adams schützend wehen zu lassen und hoffen, dass die Zeit auf ihrer Seite ist.
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (19. Juli 2025 um 10:52 Uhr)
    Über Befriedigung zur Erleuchtung kommen. Om Digitalis, Om Klosterkassen, Om Dudhismus. Willkommen im Zeitalter des Dudhismus – jener neuen Glaubensrichtung, in der das Seelenheil nicht im Nirwana, sondern im Nachtmodus des Smartphones gefunden wird. Was einst im stillen Meditationsraum geschah, gilt nun als heilige Offenbarung im JPEG-Format. Erleuchtung? Gibt’s jetzt in 4K. Im Dudhismus ist das Zölibat kein Verzicht, sondern ein stilistischer Vorschlag – ungefähr so verbindlich wie ein Tempelspender-Quittungsblock nach der Happy Hour. Während die Gläubigen noch brav ihr Karma erbetteln, investieren manche Mönche längst in KarmaSutra mit Videobeweis. Gespendet wird weiterhin, allerdings nicht mehr ganz freiwillig: Die einen kaufen sich Erlösung, die anderen ein iPhone – und Frau Golf? Ein Premium-Abo für Cloud-Speicher. Die alte Lehre sagte: Begehre nicht das Weib. Der neue Kommentar lautet: …es sei denn, sie bringt die ersehnte Befriedigung und hält dicht. Die eigentliche Tragik dieser Erleuchtung? Die Empörung richtet sich nicht etwa gegen die Erleuchteten mit Erektionshintergrund, sondern gegen jene Frau, die es wagte, das Kloster-Karma zu dokumentieren. Der Senat debattiert: Sex mit Mönchen – strafbar! Sex von Mönchen? Ein spiritueller Betriebsunfall. Sika Golf, Mutter dreier Kinder, heute Muse der Mönchsboudoirs, avanciert zur Heiligen der Heuchelei, Märtyrerin des Moralverfalls und Influencerin des himmlischen Hedonismus. Sie steht sinnbildlich für die große Aufklärung unserer Zeit: Kein Tempel ist heilig genug, um nicht mit einer Selfie-Kamera entweiht und gleichzeitig geadelt zu werden. Denn der Dudhismus lehrt: Wer filmen kann, der sündigt nicht – er archiviert.

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