Der Mann der »Wende«
Von Felix Jota
Die traditionelle Sommerpressekonferenz des Bundeskanzlers – die erste für Friedrich Merz – rollte am Freitag ab, ohne dass der CDU-Politiker substantiell Neues zu den aufgerufenen Themen sagte. Ein Thema war eine Woche nach der gescheiterten Verfassungsrichterwahl im Bundestag der Streit um die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf. Merz gab sich hier staatsmännisch und nahm die Potsdamer Professorin in Schutz. Die Kritik, die in den vergangenen Tagen geäußert wurde, sei »unsachlich gewesen, polemisch gewesen, zum Teil persönlich, beleidigend und herabsetzend«. Dies sei auch auf »eine aufgeheizte Atmosphäre« zurückzuführen, die »insbesondere über einige Social-Media-Kanäle« befeuert werde, so der Kanzler.
Die Koalition versuche derzeit, in Gesprächen eine Lösung für den Streit um die Kandidatin zu finden. Dazu, ob Brosius-Gersdorf ihre Kandidatur besser zurückziehen solle, wie es etwa Bundesinnenminister Alexander Dobrindt und auch CSU-Chef Markus Söder vorgeschlagen hatten, wollte Merz sich nicht äußern. Man wolle aber beim nächsten Mal in der Unionsfraktion früher über die Kandidaten beraten. Das sei nicht gut gelaufen beim letzten Mal. Von einer Krise in der Koalition wegen der gescheiterten Richterwahl wollte er einmal mehr nichts wissen. Es sei »nichts Außergewöhnliches, dass in einer Regierung zu Beginn mal Reibungsverluste entstehen, dass man da auch ein bisschen nachjustieren muss, dass man an der ein oder anderen Stelle Prozesse besser organisieren muss«.
Merz stellte sich eineinhalb Stunden den Fragen von rund 200 Journalisten deutscher und internationaler Medien. Vor Beginn verschickte das Bundespresseamt zur Einstimmung eine schriftliche »Begleitkommunikation« zu der Veranstaltung unter der Jubelüberschrift »Verantwortung für Deutschland – der Anfang ist gemacht«. Darin werden die aus der Sicht der regierungsamtlichen PR-Abteilung wesentlichen Resultate der Regierungskunst in den ersten Monaten der Merz-Regierung aufgelistet: Das sind zehn Punkte, darunter das Investitionssofortprogramm und die Grenzkontrollen.
Erwartungsgemäß zog Merz ein positives Fazit der ersten Wochen seiner Regierungszeit, vor allem in den Bereichen Wirtschaft und Migration. Deutschland sei wirtschaftlich wieder auf einem besseren Kurs. »Wir haben die Wende eingeleitet«, verkündete der Kanzler. Die Stimmung verbessere sich, das Interesse von Investoren sei deutlich gestiegen, erste Institute korrigierten Prognosen nach oben. Es gehe nun darum, den Bürokratieabbau voranzutreiben und die sozialen Sicherungssysteme »zukunftsfest« zu machen. Deutschland solle »Motor werden« für die Wirtschaft und die »Verteidigung« in Europa. Zugleich wolle die Koalition zeigen, »dass Deutschland aus der Mitte heraus regiert werden kann«.
Erneut distanzierte sich der Bundeskanzler vom israelischen Vorgehen im Gazastreifen. Dieses sei »nicht mehr akzeptabel«. Die Bundesregierung dränge darauf, dass es dort eine Feuerpause und umfassende humanitäre Hilfe für die Menschen in der Region gebe. Merz erklärte, dass es keine »bedingungslose Unterstützung« für Israel gebe. »Ich habe mir die Formulierung bedingungslose Unterstützung nie zu eigen gemacht«, sagte der CDU-Vorsitzende. Gleichzeitig bekräftigte Merz, dass er eine Suspendierung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel ablehnt. Er verwahrte sich zudem gegen einen Vergleich des israelischen Vorgehens mit dem Krieg in der Ukraine. Russland führe einen völkerrechtswidrigen Krieg, und Israel sei ein Land, das sich gegen Angriffe zur Wehr setze.
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