»Es handelt sich oft um direkte Aufrufe zur Gewalt«
Interview: Carmela Negrete
Das Projekt »Acción Contra El Odio« – Aktion gegen Hass –, kurz ACO, hat sich in Spanien zur Aufgabe gemacht, faschistische Politiker und allgemein Rassisten wegen Hetze gegen Minderheiten vor Gericht zu bringen. Wie lange machen Sie das schon?
Die Initiative Acción Contra El Odio wurde im Oktober 2024 ins Leben gerufen. Sie wird getragen von Journalistinnen und Journalisten aus dem Umfeld der Onlinezeitschrift CTXT, Contexto, sowie von Juristinnen und Juristen, die sich stark für die Verteidigung der Grundrechte engagieren. Mit ACO haben wir ein Instrument, um an der juristischen Front gegen die notorischsten Vertreter der »Industrie der Falschmeldungen«, der Manipulation, des Rassismus und des Hasses zu kämpfen.
Der Weg durch die Instanzen kann teuer werden. Wie finanzieren Sie Ihre Arbeit?
Wir haben ein Crowdfunding organisiert und private Spenden eingeworben; Beiträge reichten von zehn Euro bis deutlich mehr. Das Geld kommt von Menschen, die sich für die Sache engagieren und mithelfen wollen.
Was ist die Idee hinter dieser Sache?
Die Idee war, diese Art von rassistischem Diskurs nicht nur in sozialen Netzwerken oder über engagierte Medien zu bekämpfen, sondern einen Schritt weiter zu gehen und rechtliche Schritte einzuleiten. Seit ein paar Jahren gibt es in Spanien eine Staatsanwaltschaft, die auf Hassverbrechen und Diskriminierung spezialisiert ist. Wir reichen die Anzeigen gegen Menschen mit größerer Reichweite ein, gegen rechtsextreme Multiplikatoren also.
Wäre das, was Sie tun, nicht Aufgabe der Staatsanwaltschaft?
Es wäre großartig, wenn die das untersuchen würde. Es gibt Ermittlungsgruppen der Nationalpolizei, der baskischen Ertzaintza und der katalanischen Mossos d’Esquadra, die auf diese Art von Verbrechen spezialisiert sind. Was wir als organisierte Zivilgesellschaft machen, treibt diese Ermittlungen voran. Aber die Staatsanwaltschaft arbeitet sehr langsam.
Wie wählt ACO die Fälle aus?
Das ist nicht einfach. Vor allem weil diese Medien viel Einfluss haben, sind wir ständig damit beschäftigt, Brände zu löschen. Wir haben Leute, die sich der Recherche widmen, zum Beispiel in sozialen Netzwerken. Die allermeisten sind Aktivisten. Aber wir haben auch viel Unterstützung von Bürgern, die auf einige der härtesten Äußerungen aufmerksam machen.
Wir haben rechtsextreme Agitatoren angezeigt und treten vor Gericht als Nebenkläger auf. Bereits ermittelt wird gegen Daniel Esteve, Chef des Unternehmens Desokupa, das an Zwangsräumungen verdient. Auch er hetzte gegen Migranten, was in den sozialen Netzwerken verbreitet wird. Wir melden auch Profile wie das eines Mannes, der Migranten aus den Vororten Barcelonas mit Pfefferspray besprüht hat und Videos davon ins Netz stellt, wie er die Menschen dazu aufruft, Selbstjustiz zu üben und Maghrebiner mit Pfefferspray anzugreifen.
Zuletzt sind Sie so gegen Santiago Abascal Conde, den Chef der Rechtsaußenpartei Vox, vorgegangen.
Und zwar nicht nur wegen Hassrede in sozialen Netzwerken, sondern konkret wegen einer Pressekonferenz. Dort sagte er: »Diese Masseneinwanderung zerstört unsere Sicherheit, sie zerstört auch unsere Wirtschaft, und nicht nur das. Sie führt dazu, dass die spanischen Arbeiter mit ihren eigenen Steuern die Vergewaltiger ihrer Töchter und die Politiker, die sie hierher bringen, finanzieren müssen.«
Das ist Hassrede und ähnelt anderen Vorfällen in der ständigen Gleichsetzung von Einwanderung mit Kriminalität und Unsicherheit für die Bürger. In den sozialen Netzwerken entstehen dadurch verrohte Diskurse gegen die Einwandererbevölkerung, insbesondere gegen Menschen aus dem Maghreb und Afrika. Wir beobachten, dass es sich dabei oft um direkte Aufrufe zur Gewalt handelt, wie derzeit in Murcia, wo direkt zu sogenannten Bürgeraktionen gegen Migranten aufgerufen wird.
Planen Sie auch, gegen die Hetze gegen Migranten vorzugehen, auf die in Torre Pacheco Jagd gemacht wurde?
Ja, wir überlegen, ob wir gegen einzelne vorgehen oder ob wir umfassend Anzeige wegen all dieser Hassreden erstatten.
Pastora Filigrana ist Anwältin in Spanien und setzt sich für die Rechte insbesondere von Roma sowie von migrantischen Tagelöhnern ein. Sie engagiert sich ehrenamtlich bei der Initiative »Acción Contra El Odio«
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