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Aus: Ausgabe vom 16.07.2025, Seite 2 / Ausland
Ukraine-Krieg

Waffenruhe, sonst Strafzölle

Washington setzt Moskau Frist, EU-Staaten folgen Trumps Deal für Ukraine
Von Reinhard Lauterbach
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Trump sieht sich von Putin enttäuscht, da die Dinge nicht so laufen, wie der US-Präsident es wünscht (Buenos Aires, 30.11.2018)

Russland hat das Ultimatum von US-Präsident Donald Trump für einen Waffenstillstand mit der Ukraine innerhalb von 50 Tagen mit demonstrativer Gelassenheit quittiert. Der frühere Präsident Dmitri Medwedew nannte es am Dienstag auf X eine »theatralische Geste«, die Russland »nicht beeindruckt«. Konstantin Kossatschow, Vizevorsitzender des Föderationsrates, schrieb, wer von der schon Tage zuvor angekündigten Erklärung Wichtiges erwartet habe, sei »leider« enttäuscht worden.

Neben der Zusage weiterer – von NATO-Staaten bezahlter – Rüstungslieferungen hatte Trump Moskau am Montag (Ortszeit) bei Verstreichen der Frist 100prozentige Strafzölle gegen alle Länder angedroht, die noch mit Russland Handel trieben. Der Zollsatz liegt deutlich unter den 500 Prozent, mit denen Trump zuvor gespielt hatte. Er hob hervor, dass es ein großer Erfolg für die USA sei, dass »ausschließlich Europa« für die Lieferungen bezahlen werde, dass diese also Washington unter dem Strich nichts kosten. Laut NATO-Generalsekretär Mark Rutte, der am Montag in Washington, D. C., weilte, seien Deutschland, Finnland, Dänemark, Schweden, Norwegen, Großbritannien, die Niederlande und Kanada willens, sich an der neuen Initiative zu beteiligen.

Moskau sieht in dem anvisierten Ankauf von US-Waffen durch NATO-Staaten ein Signal zur Fortsetzung des Krieges für die ukrainische Seite. Russland werde sich auch noch Zeit nehmen, die Erklärungen Trumps zu analysieren, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Es handele sich um ernstzunehmende Äußerungen des US-Präsidenten, von denen einige direkt an Wladimir Putin gerichtet seien. Putin werde sich äußern, wenn er es für notwendig erachte. Man sei weiterhin zu direkten Verhandlungen mit der Ukraine bereit und warte auf ein Signal aus Kiew.

Unterdessen erzielt Russland weitere Geländegewinne in der Ukraine. Nach übereinstimmenden Berichten beider Seiten stoßen russische Truppen inzwischen nördlich des Ballungsraums Pokrowsk/Mirnograd nach Westen vor, um ihn einzuschließen und von der Versorgung abzuschneiden. Russische Vorstöße wurden auch von der Front im Gebiet Saporischschja gemeldet. Beide Seiten setzten ihre Drohnenangriffe auf Ziele beim jeweiligen Gegner fort. In Russland wurden dabei in mehreren Regionen nach Angaben der örtlichen Behörden 18 Menschen verletzt.

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  • Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (16. Juli 2025 um 02:46 Uhr)
    Mag doch Trump seine US-Perestroika fortsetzen. Nur wird man in Berlin dieses Mal nicht »Trampi, Trampi« jubeln beim Verrat eines Verbündeten. Die USA haben ja bisher wie üblich nur mit den Ländern Handel getrieben, wo sich ein Vorteil für sie ergab. 100 prozentige Strafzölle bedeuten praktisch, den Handel mit China, Indien oder Brasilien zu unterbinden. Damit unterbinden sie dann auch den Vorteil, den sie selbst aus dem Handel zogen. Der bestand u. a. darin, dass die Inflation der USA durch Billigproduktion im Ausland auf einem relativ niedrigen Niveau gehalten werden konnte. Sie konnten aus dem Nichts per Knopfdruck die Welt mit Dollars fluten und erhielten durch übermäßigen Import dafür reale Werte. Würde dieser Import entfallen, insbesondere der aus China, dann würden die Preise in den USA erheblich steigen, noch weit mehr, als sie in der EU ohne Russland steigen. Wenn China nun eine Weile nichts an die USA liefern würde, wäre das zwar für China ein Problem. Es würde das BIP vielleicht auf deutsche Werte senken. Doch die USA in ihrem jetzigen Zustand hielten das eben nicht durch und müssten klein beigeben. Die Zinsen, die der überschuldete US-Staat zu zahlen hätte, würden zu stark steigen. Bereits jetzt ist die Belastung durch den Schuldendienst der USA höher als durch den »Verteidigungs«-Haushalt, was bei dessen astronomischer Höhe ein Warnsignal ersten Ranges darstellt. Das schwächt die Weltherrschaft des Dollars und damit die Fähigkeit, auf Kosten der übrigen Welt unangemessen zu profitieren. Es schwächt das Vertrauen in die in den letzten Jahrzehnten astronomisch gestiegenen Aktienmärkte. Es könnte, bzw. wird zu einem Börsencrash kommen, wie ihn die Welt noch nicht erlebt hat. Als die Führung der UdSSR und Teile der Bevölkerung das Vertrauen zum Sozialismus verloren, brach die UdSSR zusammen. Wenn das Vertrauen in den Finanzmarkt der USA verloren geht, erwartet die das gleiche Schicksal. Trump ist der Gorbatschow der USA.

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