Instabile Stablecoins
Von Lucas Zeise
Donald Trump hat sich in den vier Jahren zwischen seiner ersten und seiner zweiten Präsidentschaft vom Gegner zu einem Förderer der sogenannten Kryptowährungen gewandelt. Er ist eben flexibel. Kurz bevor er seine zweite Amtsperiode antrat, hat das Konsortium »World Liberty« seines engen Familienkreises ein neues »Stablecoin« namens »USD1« in die Welt gesetzt und damit ihren Reichtum etwas gemehrt. Stablecoins gibt es seit zehn Jahren. Anders als die 2009 erfundenen Bitcoins, die den Anspruch haben, eigenes Geld darzustellen, sollen Stablecoins jederzeit den Wert von tatsächlicher, staatlich festgelegter Währung repräsentieren. Beide basieren auf der »Blockchain«-Technik, die Zahlungen direkt ohne das etablierte Zahlungssystem der Banken ermöglicht. Die Währung, die bisher auf diese Weise imitiert wird, ist bis heute ganz überwiegend (zu 97 Prozent) der US-Dollar.
Während ich Donnerstag nacht beschaulich diese Kolumne schreibe, ist der Bitcoin-Kurs auf den Rekordwert von fast 116.000 Dollar gesprungen. Der Wert aller Bitcoins zusammen übertrifft locker den Wert von zwei Billionen Dollar. Der Wert aller verschiedenen Stablecoins macht gerade einmal etwa sieben Prozent aller Kryptowährungen aus. Was denn ist der Zweck dieses stabilen Geldimitats, wenn der Zweck des schnellen Spekulationsgewinns wegfällt? Zum ganz überwiegenden Teil werden die Stablecoins gebraucht, um den Handel in den spekulativen Kryptowährungen abzuwickeln. Wer in Bitcoins und Co spekuliert, braucht einen halbwegs objektiven Wertmaßstab. Der ist immer noch die richtige Währung – also im Regelfall der Dollar. Will der Spekulant den Gewinn realisieren, den er mit Bitcoins gemacht hat, wählt er gern ein Stablecoin als Zwischenschritt.
Von wirklichem Nutzen sind Stablecoins in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Dort ist es oft schwer und kostspielig, an Dollar zu kommen. Der Kauf von auf Dollar lautenden Stablecoins ist dann der naheliegende Ersatz. Für die Regierungen der betroffenen Länder bedeutet das einen weiteren Kontrollverlust über die heimische Währung. Für von Sanktionen des Westens betroffene Länder wie Venezuela, Iran oder Russland ist es umgekehrt eine praktische Methode, um den Zahlungsverkehr außerhalb des von Washington und seinen Verbündeten für sie gesperrten internationalen Zahlungssystems »Swift« zu umgehen.
Die Europäische Zentralbank und die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ äußern unentschlossen Bedenken gegen die Stablecoins. Sie befürchten eine schleichende Dollarisierung sowie eine unkontrollierte Ausweitung der Dollar-Geldmenge. Und sie weisen auf die fehlende Kontrolle der die Stablecoins emittierenden Unternehmen hin. Wie recht sie mit diesen Bedenken haben, ist angesichts des gegenwärtigen US-Präsidenten offensichtlich. Jedoch wirkt das auch albern, wenn gleichzeitig das wüste Treiben der Bitcoin-Spekulation und die Beteiligung der Banken an dieser Sause milde toleriert werden.
Unser Autor ist Finanzjournalist und Publizist. Er lebt in Aachen
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