Kiew präsentiert Mega-Rechnung
Von Reinhard Lauterbach
Auf der sogenannten Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine am Donnerstag und Freitag in Rom hat Kiew seine Geldforderungen nochmals erhöht. Regierungschef Denis Schmigal sagte den Teilnehmern, sein Land benötige mindestens 850 Milliarden Euro. 450 Milliarden davon will die Ukraine direkt verwalten – und erfahrungsgemäß zu großen Teilen veruntreuen –, weitere 400 sollten unter Beteiligung privater Investoren bereitgestellt und international verwaltet werden. Kiew brauche außerdem auch für die kommenden beiden Jahre jeweils 25 Milliarden Euro von der EU zur Finanzierung seines Budgets, sagte Schmigal.
Die einzige Hoffnung, soviel Geld ansatzweise zusammenzubringen, beruht auf dem zu Kriegsbeginn in Westeuropa eingefrorenen Vermögen der russischen Zentralbank. Es liegt mit 300 bis 350 Milliarden US-Dollar allerdings wesentlich unter dem von der Ukraine angemeldeten Bedarf und auch unter den Schadensschätzungen der Weltbank. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) forderte, Russland werde auf jeden Fall für die angerichteten Schäden aufkommen müssen. Vorher werde es an sein Geld nicht wieder herankommen. Es müsse geprüft werden, wie dies »gegebenenfalls« in einem Friedensvertrag geregelt werden könne. Dagegen ist die Bundesregierung offenbar bereit, in den USA zwei »Patriot«-Luftabwehrbatterien zu kaufen und diese an die Ukraine weiterzugeben. Die Kosten pro System werden je nach Ausführung auf etwa drei Milliarden US-Dollar geschätzt. Ein weiteres System wolle Norwegen der Ukraine spendieren, wurde in Rom bekannt. Die Ukraine fordert zehn solcher Systeme. Bisher hat die Bundesrepublik die Ukraine mit insgesamt 72 Milliarden Euro unterstützt.
Unterdessen teilten der französische Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Keir Starmer in London mit, ihre Pläne für eine »Friedenstruppe« für die Ukraine seien fertig. Laut Macron könnten innerhalb von Stunden nach dem Inkrafttreten eines Waffenstillstandes »Hunderte von Soldaten« aus 30 Ländern mobilisiert werden. Am Rande der Konferenz kündigte Großbritannien auch die Lieferung von 5.000 Flugabwehrraketen an die Ukraine über 19 Jahre an. Dies sei »ein Beitrag dazu, dass die Ukraine im Kampf bleibt«, zitiert die ukrainische Agentur Strana.news aus der Erklärung.
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Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (13. Juli 2025 um 03:07 Uhr)»Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) forderte, Russland werde auf jeden Fall für die angerichteten Schäden aufkommen müssen. Vorher werde es an sein Geld nicht wieder herankommen.« Seit wann darf ein Land bzw. eine Staatengemeinschaft wie die EU, welche nicht angegriffen wurden und nach eigenen Aussagen am Ukraine-Krieg überhaupt nicht kriegführend teilnehmen, sondern lediglich die Ukraine unterstützen, seit wann also dürfen am Krieg Unbeteiligte Reparationen festlegen? Dies auch noch, bevor der von ihnen offiziell gar nicht geführte Krieg überhaupt gewonnen wurde? Dafür wollen sie dann vorsoglich Hunderte Milliarden fremdes Staatsvermögen konfiszieren? Das internationale Recht liegt in Trümmern. Und es hat schon fast eine humoristische Note, wenn sich solche Länder als Rechtsstaaten bezeichnen. Es wäre für Russland ein Leichtes, sogar für alle Schäden des nach den Verhandlungen von Istanbul 2022 vom Westen künstlich verlängerten Ukraine-Krieges aufzukommen, wenn zuvor Deutschland für die im Zweiten Weltkrieg in Russland angerichteten Schäden aufkommt. Immer schön der Reihe nach. Ach so, darauf hat die UdSSR und der Rechtsnachfolger Russland ja weitgehend verzichtet. Aber Deutschland fordert … Friedensverträge waren schon immer bevorzugte Vorschläge bereits der UdSSR. Aber auch hier gibt es eine lange Warteschlange von Ländern, die bereits seit 80 Jahren einen Friedensvertrag mit Deutschland wünschen, einschließlich der darin enthaltenen Summen der von der BRD zu zahlenden Reparationen. Das sind Länder, die beim Zwei-plus-vier-Vertrag gar nicht gefragt wurden, ob das auch für sie(!) abgeschlossen ist. Deutschland hatte schließlich »einige« Kriegsgegner mehr als die vier Siegermächte. Aber da werden wir erstmalig erleben, wie eindrucksvoll Bundeskanzler Merz schweigen kann. Eine Kranzniederlegung und Worte des Bedauerns durch den Herrn Bundespräsidenten in all diesen Ländern tut es doch auch.
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