Aus Leserbriefen an die Redaktion

Für die Jugend
Zu jW vom 27.6.: »Philosoph Erich Hahn gestorben«
Die Meldung über den Tod von Erich Hahn hat mich berührt. 1978 gab der Zentralrat der FDJ im Dietz-Verlag das Buch »Marxistisch-leninistische Philosophie geschrieben für die Jugend« von Erich Hahn und Alfred Kosing heraus. Das Besondere an diesem Buch war, dass es eine verständliche, einfache, an den Wissensstand der Jugendlichen in der DDR zu dieser Zeit anknüpfende Einführung in die materialistische Philosophie darstellt. Deshalb hat allein dieses Buch einem riesigen Kreis von Jugendlichen geholfen, eine Orientierung in der Welt, eine Weltanschauung zu finden. Ich habe mich gefragt, ob heute dieses Buch für die Jugend empfehlenswert ist. Ich meine nicht. Viele Kategorien, zum Beispiel der Begriff Materialismus, haben heute in der Jugend eine andere Bedeutung. Die Beispiele aus den Naturwissenschaften sind veraltet, und die praktischen Beispiele aus dem sozialistischen Leben der DDR sind durch Jugendliche nicht nachvollziehbar. Da würde ich eher das Buch von Robert Steigerwald »Marxistische Philosophie Einführung für die Jugend« von 1979 empfehlen. Aber auch hier sind nach dem Erscheinen 46 Jahre vergangen! Die Zeit ist reif für das Schreiben einer aktuellen Einführung in die wissenschaftliche Weltanschauung von Marx und Engels für die Jugend. Die Zeitung junge Welt sehe ich da als mögliche Organisatorin. Vielleicht auf der Basis der Bücher von Hahn und Steigerwald. Erich Hahn würde das bestimmt unterstützen, wenn er noch könnte.
Ulrich Herzog, per E-Mail
Altenbashing
Zu jW vom 26.6.: »Geburtenstarke Jahrgänge als Drückeberger«
Ich kann dem Artikel nur zustimmen. Mit jetzt 64 Jahren (…) kann ich zum 1. Oktober 2027 in Rente gehen, ohne Abzüge. Dies, weil mir vier Jahre fehlen, um die 45 Jahre (besonders langjährig versichert) zu erreichen. Ich habe 1980 mit 19 das Abi gemacht und drei Jahre Studium – macht vier Jahre, welche nicht mitzählen. Trotzdem habe ich momentan ca. 44 Rentenpunkte. Als Berufsfeuerwehrmann (Rettungssanitäter etc.) bin ich nicht mehr tätig (war immer nur angestellt in Leitstellen des Landkreises, bis 2022 in der chemischen Industrie bei einer Werkfeuerwehr tätig). Seit September 2024 bin ich in einer Senioren- und Pflegeeinrichtung tätig. Es macht mir Spaß, und ich bin noch fit. Auch geistig, was man von den Autorinnen der »Studie« wohl kaum behaupten kann. (…) Als typischer Arbeitnehmer (…) leiste ich noch immer meinen Beitrag für die Gesellschaft. Sei es in Form aller Abgaben an den Staat und anhängenden Institutionen (Finanzamt, Kranken-, Renten-, Pflege-, Arbeitslosenversicherung), sei es in sozialem Engagement (freiwillige Feuerwehr, Schöffe am Amtsgericht, sieben Jahre Betriebsratsvorsitzender ohne Freistellung). Da graut mir ehrlicherweise vor dem Betrag, der auf meinem Rentenbescheid stehen wird. Aber kein Problem, dann gehe ich halt weiter arbeiten; oder besser noch, ich sterbe zeitnah. Eine Gesellschaft, welche ihre Mitbürger, die ihr Leben gelebt und gearbeitet haben, so darstellt, ist auf dem Weg, jegliche Akzeptanz zu verlieren. »In Time – Deine Zeit läuft ab«, ein wirklich guter Film, beschreibt treffend unsere Zukunft. Ich hoffe nur, dass dann auch die Autorinnen und all jene, welche sich per se aus der Solidargemeinschaft verabschiedet haben, in der für sie gefühlt richtigen Zone leben. Dieses Altenbashing kotzt mich nur noch an.
Rene Kummerfeld, Briesen
Sicht von unten
Zu jW vom 27.6.: »Verachtet, aber kaum bekämpft«
Ich habe den Artikel von Bernard Schmid entspannt lesen können, da er von der Neigung befreit ist, die Verhältnisse im Iran auszublenden, weil das Land vom westlichen Imperialismus angegriffen wurde/wird. Der Artikel beschreibt das Debakel aus der Sicht der Menschen im Iran und nicht aus der seiner Ideologen und Staatslenker. Das ist für mich ein akzeptabler Maßstab auch hinsichtlich anderer Länder wie Russland und China, aus denen wir kaum etwas über deren innere Widersprüche aus der Sicht von unten wahrnehmen können. Und kein Land verfügt meines Erachtens über eine Zukunftsvision, welche den Anforderungen des ökologischen und klimatischen Desasters, das auf die Menschheit zukommt, gerecht wird.
Werner Ruhoff, Berlin
Für die Rüstungsindustrie
Zu jW vom 26.6.: »Aufrüstung um jeden Preis«
Fünf Prozent des BIP sollen die europäischen NATO-Staaten für die Rüstung ausgeben. So ihre Staatschefs in Den Haag. An der Bedrohung durch Putin kann es nicht liegen. Auch wenn sie von den üblichen Verdächtigen immer wieder beschworen wird. Denn die Rüstungsausgaben allein der europäischen NATO-Staaten liegen schon jetzt ein Mehrfaches über denen Russlands, analysiert das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI. Zudem offenbart der Ukraine-Krieg überraschende Schwächen des russischen Militärs. Warum also diese ruinösen Rüstungsausgaben? Mit der Frage, wohin die europäischen Steuer- und Schuldenmilliarden fließen, kommt man der Antwort näher. So steigerte Deutschland im vergangenen Jahr seine Rüstungseinfuhren um 334 Prozent. 70 Prozent der Lieferungen stammen aus den USA. Fünf Prozent des deutschen BIP entsprechen etwa 225 Milliarden Euro. Bleibt man bei den 70 Prozent USA-Anteil und den fünf Prozent Rüstungsausgaben, so fließen allein 157 Milliarden in die USA. Entsprechend wird es bei den anderen europäischen NATO-Ländern aussehen. Aber das ist noch nicht alles. Beispielsweise besitzt Blackrock in erheblichem Umfang Rheinmetall-Aktien. Auch diese mit der Fünfprozentaufrüstung rasant steigenden Rüstungsgewinne fließen in die USA. Das Fünfprozentziel dient vor allem den Interessen des militärisch-industriellen Komplexes der USA, den globalen Rüstungsindustrien und ihren Aktionären. Angesichts der existentiellen Probleme (Klima), vor denen die Welt steht, eine ungeheure und verantwortungslose Verschwendung von Ressourcen. Beschlossen von den Staatschefs in Den Haag. Trump ist zufrieden.
Christian Helms, Dresden
Das Fünfprozentziel dient vor allem den Interessen des militärisch-industriellen Komplexes der USA, den globalen Rüstungsindustrien und ihren Aktionären
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