Teheran reagiert besonnen
Von Ina Sembdner
Seit Sonntag morgen gingen die Spekulationen durch die Decke: Wie werde Iran wohl auf den ersten direkten US-Angriff auf die Islamische Republik reagieren? Washington schürte an der Heimatfront die Angst vor »terroristischen Schläferzellen« im Auftrage Teherans und versetzte seine diversen Militärstützpunkte im Nahen und Mittleren Osten mit insgesamt 40.000 Soldaten in Alarmbereitschaft. Was folgte, war ein »sorgfältig kalibrierter« Angriff (Reuters) auf den größten US-Stützpunkt, die Basis Al-Udeid, im Golfemirat Katar. Verletzt wurde dabei niemand, da Teheran zuvor sowohl die Kataris als auch die Vereinigten Staaten darüber informiert hatte. US-Präsident Donald Trump dankte es den Iranern. Auch Washington hatte laut dem regierungsnahen Portal Axios vom Sonntag während des US-Angriffs auf die Nuklearanlagen des Landes den ständigen Kontakt zum iranischen Außenminister Abbas Araghtschi gehalten, um eine Eskalation zu vermeiden.
Nachdem der US-Angriff nach Sicht Teherans also abgegolten war, sandte die iranische Führung laut Axios eine Nachricht an das Weiße Haus, um mitzuteilen, dass es keine weiteren Attacken auf US-Einrichtungen geben werde. Trump übermittelte daraufhin die Waffenstillstandsvereinbarung an Israels Premier Benjamin Netanjahu, wie Reuters berichtete. Andere Vertreter der Regierung hätten demnach mit Iran in Kontakt gestanden. Als Mittler fungierte Katars Premier Scheich Mohammed bin Abd Al-Rahman Al Thani, der die Zustimmung Teherans eingeholt habe.
Neben militärischen Gründen – etwa, dass Israels Abfangraketen zur Neige gehen – spielten möglicherweise auch innenpolitische Entwicklungen eine Rolle für eine schnelle »Befriedung« des Konflikts durch Trump. Dort war vergangene Woche eine Resolution eingebracht worden, um militärische Alleingänge des Präsidenten zu unterbinden und den Kongress in dieser Frage zu stärken. So erklärte etwa der für die »War Power Resolution« mithauptverantwortliche Abgeordnete der Republikaner, Thomas Massie, am Dienstag: »Wenn es einen Waffenstillstand gibt, müssen wir uns nicht aus einem Krieg zurückziehen.« Andere – vor allem Demokraten, wie der kalifornische Abgeordnete Ro Khanna – argumentierten: »Wir könnten (…) in der Zukunft einen Konflikt haben, und wir müssen es festhalten, dass es keinen Angriffskrieg gegen Iran ohne vorherige Genehmigung gibt.«
Und auch wenn Trump am Dienstag erneut eine Wende hinsichtlich eines beabsichtigten Regime-Changes im Iran hinlegte – »Ich will das nicht. Ich möchte, dass sich alles so schnell wie möglich beruhigt.« – beleuchtet ein Text der Washington Post vom Montag, dass Israel diese Pläne sehr wohl hegt und mit allen Mitteln durchzusetzen sucht. Die US-Zeitung präsentierte einen geleakten Audiomitschnitt und erklärte, dass israelische Geheimdienstmitarbeiter unmittelbar nach den ersten Angriffen auf Iran am 13. Juni »eine verdeckte Kampagne zur Einschüchterung« gegen hochrangige Vertreter der iranischen Führung gestartet hatten. »mit dem offensichtlichen Ziel, das theokratische Regime in Teheran zu spalten und zu destabilisieren«. Bis zu 20 Iraner seien demnach kontaktiert worden, sie selbst und ihre Familien mit dem Tod bedroht worden. Darunter ein General des Korps der Islamischen Revolutionsgarden: Er habe zwölf Stunden Zeit, um ein Video zu drehen, in dem er sich von der iranischen Regierung distanziere. »Wir sind dir näher als deine eigene Halsschlagader«, so die unverhohlene Drohung.
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