Kriegsgerät auf Pump
Von Thomas Berger
In Pakistan dominiert derzeit ein Thema: Das nationale und die regionalen Parlamente debattieren vor der finalen Abstimmung über den Haushalt 2025/26. Wieviel Finanzmittel in den nächsten zwölf Monaten für welche Ressorts zur Verfügung stehen, hängt von zweierlei ab: vom Kürzungsdiktat des Internationalen Währungsfonds (IWF), an dessen Tropf das zweitgrößte Land Südasiens hängt. Und vom abermals eskalierten Konflikt mit dem großen Nachbarn Indien, der zu einer starken Steigerung des Kriegsetats geführt hat. Die Folge bereits jetzt: Ausgabenposten etwa im Sozialen werden weiter zusammengestrichen.
Die Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) des weiterhin inhaftierten Expremiers Imran Khan kritisierte deshalb den Haushaltsentwurf scharf. Nach einem Führungstreffen mit dem aktuellen Parteichef Gohar Ali Khan sowie den Oppositionsführern in beiden Parlamentskammern, Omar Ayub Khan (Nationalversammlung) und Shibli Faraz (Senat), am 11. Juni äußerte sie nicht nur generelle Zweifel an der Legitimität der Regierung von Premier Shehbaz Sharif, sondern brandmarkte auch den Haushalt als vom IWF diktiert. Es gehe prioritär nur um Sparen und Aufrüstung, während die Sozialpolitik einschließlich Steuerreformen auf der Strecke blieben, so PTI-Vertreter kürzlich gegenüber Medien.
Richtig ist, die »Schieflage« in der Finanzplanung für den Landeshaushalt ist beträchtlich. Denn der ohnehin schon hohe Militäretat soll unter den allerjüngsten Entwicklungen um 20 Prozent aufgestockt werden. Pakistans Armee ist einflussreich, hat über mehrere Diktatoren phasenweise immer wieder sogar direkt politisch den Ton angegeben.
Nach dem mehrtägigen militärischen Schlagabtausch mit dem benachbarten Erzfeind in der ersten Maihälfte will sich das Land für eine etwaige weitere Konfrontationen noch besser rüsten. »Nationale Verteidigung hat für die Regierung höchste Priorität«, betonte Finanzminister Muhammad Aurangzeb, der zur Spitzenriege der in der Koalition tonangebenden Pakistanischen Muslimliga-Nawaz (PML-N) des Premiers gehört.
Während die Gesamtausgaben gegenüber dem aktuellen Finanzjahr um sieben Prozent auf 17,57 Billionen Rupien (62 Milliarden US-Dollar) schrumpfen, macht der Militäretat den Sprung auf nun 2,55 Billionen Rupien (gut neun Milliarden Dollar). Allein 29 Milliarden Dollar, das ist knapp die Hälfte des Haushalts (46,9 Prozent), muss Pakistan zudem für den Schuldendienst aufbringen. Das schränkt an anderen Stellen die finanziellen Spielräume per se stark ein. Während viele Reiche nach wie vor darauf vertrauen, steuerlich nur minimal belastet zu werden, muss der Großteil der Bevölkerung den Gürtel nochmals enger schnallen, weil etwa Subventionen gekürzt werden. Für den Bildungssektor bleiben nur schlappe 133 Millionen Dollar, für das Gesundheitswesen 113 Millionen. Ob Privatisierungen die gewünschten Erlöse bringen, bleibt fraglich.
2024/25 ist Pakistans Wirtschaft lediglich um 2,6 Prozent gewachsen – ein ganzer Prozentpunkt weniger als prognostiziert worden war. Für das neue Finanzjahr erwarten Analysten aus der Regierung ein (utopisches) Wirtschaftswachstum von 4,5 Prozent.
Ein insgesamt Sieben-Milliarden-Notkredit des IWF bietet gewissermaßen das Fundament von Aurangzebs Zahlenwerk. Doch die Konstruktion als Ganzes bleibt wacklig, insgesamt müssen 23 Milliarden Dollar neue Darlehen aufgenommen, alte Schulden immer wieder umgeschichtet werden. Derweil pochen die Provinzen, egal von wem regiert, auf den ihnen zustehenden Anteil an nationalen Beihilfen. Das besonders rückständige Belutschistan will immerhin 3.200 geschlossene Schulen wieder öffnen. Auch das als einzige Teilregion von der PTI regierte Khyber Pakhtunkhwa setzt auf soziale Akzente bei den Ausgaben. Allein dort gehen 30 Prozent der Kinder nicht zur Schule – und das sei noch landesweit mit der beste Wert, wie Regierungsberater Muzzammil Aslam unlängst von der Zeitung The Express Tribune zitiert wurde.
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