Opposition zwischen den Fronten
Von Kurd Mad
Mitten im eskalierenden militärischen Konflikt zwischen Israel und Iran ist am Dienstag im Gefängnis von Ghezel Hesar bei der iranischen Stadt Karadsch die Hinrichtung des 30jährigen Teheraners Esmail Fekri vollstreckt worden. Ihm wurde Spionage für Israel angelastet – ein Vorwurf, der laut internationalen Menschenrechtsorganisationen zunehmend als politisches Instrument missbraucht wird. Weder seine Familie noch sein Anwalt wurden im Vorfeld informiert. Die Vollstreckung des Todesurteils erfolgte unter völliger Geheimhaltung, was erneut ein Schlaglicht auf die iranische Justizpraxis wirft.
Fekri war 2022 verhaftet worden. Nach zwei Jahren Einzelhaft und Verhören wurde er 2024 vom Revolutionsgericht unter dem Vorsitz des Richters Iman Afshari zum Tode verurteilt. Die Organisation »Iran Human Rights« sowie der kurdische Menschenrechtsverein Hengaw hatten frühzeitig vor einer drohenden Hinrichtung gewarnt. Nach Angaben dieser Gruppen handelt es sich um eine gezielte Eskalation der Repression durch die Regierung – besonders in Zeiten außenpolitischer Krisen. Bereits zuvor waren im Gefängnis von Urmia vier kurdische politische Gefangene – Vafa Hanareh, Aram Omri, Rahman Parhazou und Nasim Namazi – unter dem Vorwurf der Spionage für Israel hingerichtet worden.
In den vergangenen 30 Monaten sind laut Hengaw mindestens zwölf Personen – darunter sieben kurdische Bürger – wegen angeblicher Spionage für Israel hingerichtet worden. Die Verfahren seien häufig von Zwangsgeständnissen, Folter und mangelnder rechtlicher Transparenz geprägt gewesen. Besonders betroffen seien Minderheiten wie Kurden, Bahai und politisch aktive Zivilisten. Fünf kurdische Gefangene – Azad Shojaei, Edris Ali, Shahin Vasaf, Naser Bekrzadeh und Rasoul Ahmed Mohammad – gelten Hengaw zufolge als akut von der Hinrichtung bedroht. Auch der politische Gefangene Mohammed Amin Mahdavi Shaayesteh, ebenfalls in Ghezel Hesar inhaftiert, hat ein bestätigtes Todesurteil – seine Geständnisse sollen unter psychischem Druck zustande gekommen sein. Der iranisch-schwedische Forscher Ahmed Reza Jalali bleibt trotz internationaler Proteste in Haft, auch gegen ihn wurde die Todesstrafe verhängt.
Die Lage in den Gefängnissen verschlechtert sich parallel zur außenpolitischen Eskalation. In Kermanschah griffen Einsatzkräfte am Montag gewaltsam in Proteste im Dizelabad-Gefängnis ein, nachdem in der Nähe israelische Luftangriffe stattgefunden hatten. Zehn Gefangene sollen getötet, mehr als 30 verletzt worden sein. Im Teheraner Evin-Gefängnis schilderte die politische Gefangene Mahvash Saydal die dramatischen Zustände in einer Mitteilung: »Wir leben zwischen der Angst vor israelischen Bomben und den Dolchen der iranischen Kräfte … Sicherheit ist ein leeres Wort.«
In der Ortschaft Saqqez wurde das Gefängnis militärisch abgeriegelt. Die Insassen fordern ihre Verlegung an sichere Orte – bislang ohne Erfolg. Unterdessen kam es in mehreren Städten – darunter Teheran, Urmia und Sanandaj (Sine) – zu Massenfluchten aus karitativen Entzugseinrichtungen. Viele der Geflohenen wurden von Einsatzkräften wieder festgenommen und an unbekannte Orte gebracht. Die iranische Justiz verschärfte zudem ihre Überwachung: Per SMS wurde gewarnt, dass das Zeigen von Freude über israelische Angriffe oder entsprechende Kommentare strafbar seien. Allerdings berichteten Nachrichtenagenturen bisher vor allem von Demonstrationen gegen den von Israel angezettelten Krieg.
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