Braune Knüppeltruppe
Von Kristian Stemmler
Sie waren mit Sturmhauben vermummt und hatten Knüppel dabei, einige trugen Quarzhandschuhe. Ein rechter Schlägertrupp von etwa zehn bis 15 Personen hat am Sonntag mittag in Bad Freienwalde (Oder) nordöstlich von Berlin ein Straßenfest des Bündnisses »Bad Freienwalde ist bunt« angegriffen. Die Gruppe attackierte Standbetreiber und Besucher des Festes, deren Organisatoren ein Zeichen gegen rechte Hetze und für Diversität setzen wollten. Die Teilnehmer der Veranstaltung gehören zum Teil der queeren Community an. Mindestens drei Menschen seien durch Schläge verletzt worden, teilte das Bündnis auf seiner Homepage mit.
Nur das »mutige Einschreiten« der Ordner und weiterer Teilnehmender, die die Schläger in die Flucht schlugen, habe Schlimmeres verhindert, hieß es weiter. Man habe sich »nicht einschüchtern lassen« und das Fest trotz der Attacke mit rund 400 Besuchern gefeiert. Etwa zehn Minuten vor Beginn der Veranstaltung, noch während des Aufbaus, seien die Angreifer auf den Marktplatz gerannt und hätten um sich geschlagen, berichtete Jule Grienitz vom Bündnis »Bad Freienwalde ist bunt« dem Sender RBB.
Von den drei Verletzten habe einer ein »richtig großes blaues Veilchen«, ein zweiter eine blutende Verletzung am Mund und einer eine Prellung im Gesicht davongetragen, so Grienitz weiter. Es sei »extrem schnell« gegangen, schilderte Bündnissprecherin Judith Strohm dem Sender. Solch eine gewalttätige Attacke habe es in Bad Freienwalde noch nicht gegeben, hieß es. Die Angreifer, die sich maskiert hatten, seien durchtrainiert und sportlich gewesen, vermutlich Jugendliche oder junge Erwachsene.
Unter den drei Verletzten war ein Aktivist des Vereins »Wir packen’s an«, der Nothilfe für Geflüchtete, organisiert. »Ich hatte gerade unseren Infostand aufgebaut, als eine Truppe Vermummter auf den Marktplatz gestürmt kam«, berichtete dieser in einer Mitteilung des Vereins vom Montag. Als er sich einem der Angreifer in den Weg gestellt habe, schlug dieser ihm mit der Faust ins Gesicht. Der »gewalttätige Angriff, mitten am Tag, auf ein Fest für Familien, Kinder und für Bad Freienwalde«, habe ihn »tief erschüttert«, so der Aktivist.
Gegenüber jW übte Daniel Looser, Öffentlichkeitskoordinator von »Wir packen’s an«, Kritik an der Polizei. Diese habe die Gefahr für die Veranstaltung »falsch eingeschätzt«. Da gerade die Organisatoren und Aktivisten queerer Veranstaltungen potentielles Ziel rechter Angriffe seien, müsse schon der Aufbau einer solchen Kundgebung geschützt werden. Gegenüber dem RBB bestätigte ein Polizeisprecher, dass zwar Einsatzkräfte vor Ort gewesen seien – allerdings »nicht so dicht am Geschehen dran, dass wir die Auseinandersetzung verhindern konnten«. Auch hätten die Täter nicht gestellt werden können.
Nach dem Angriff wurde die Veranstaltung von 25 zum Teil schwer bewaffneten Beamten sekundiert. Bereits im Vorfeld hatten die Veranstalter von Störungen berichtet. So seien rund 40 Plakate, die auf die Veranstaltung hinweisen sollten, im Umkreis der Stadt abgerissen und gestohlen worden. Am Sonntag nachmittag kam der Brandenburger Innenminister René Wilke (parteilos) nach Bad Freienwalde und sprach mit Betroffenen und der Polizei. Er erklärte, wer Menschen attackiere, »die ein Familien- und Kinderfest organisieren oder daran teilnehmen, bewegt sich weit außerhalb dessen, was wir als Gesellschaft akzeptieren können und dürfen«.
Looser erklärte, dass hinter dem Angriff eine der Gruppen junger Neonazis stehen könne, die zuletzt durch vermehrte Aktivitäten aufgefallen seien. Dass eine öffentliche Veranstaltung am hellichten Tag attackiert worden sei, habe jedenfalls eine »neue Qualität«. Offenbar gehe es auch darum, die Bürger einzuschüchtern. Das Vorgehen zeige außerdem, wie selbstbewusst die rechte Szene in der Region inzwischen agiere. Auch das Bündnis mahnte, die Bedrohung »durch gewaltbereite rechtsextreme Jugendliche« müsse von der Stadtpolitik ernst genommen werden. Es müssten »Mittel zur Prävention, zum Monitoring der rechten Szene und zur effektiven Strafverfolgung bereitgestellt werden«.
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