Aus Leserbriefen an die Redaktion

Student Demonstration Time
Zu jW vom 13.6.: »Gott allein weiß«
Leider werden Brian Wilson und die Beach Boys oft viel zu sehr auf das Thema Sonne, Strand, Surfen, Autos und Mädchen reduziert. Dass Brian Wilson mit den Beach Boys auch gesellschaftskritische Songs produzierte, geht hierbei unter. »Student Demonstration Time« vom Album »Surf’s Up« von 1971 solidarisierte sich mit den Studentenprotesten gegen den Vietnamkrieg auf dem Campus der Kent-State-Universität am 4. Mai 1970, wo vier unbewaffnete Studenten von der Nationalgarde von Ohio ermordet und neun verletzt wurden. Angeklagt werden auch die Niederschlagung der Studentenproteste an der Berkeley-Universität von Kalifornien und die Ermordung protestierender Schüler am Jackson State College in Mississippi am 14. Mai 1970. Die Hymne »Don’t Go Near the Water« vom gleichen Album hat den Umweltschutz zum Thema, ebenso »A Day in the Life of a Tree« über einen Baum, der der Umweltverschmutzung erliegt. Andere Songs befassen sich kritisch mit der Vernachlässigung von sozialen Problemen und Gesundheitsthemen durch die US-Regierung wie auch mit der bitteren Anklage des elenden Lebens Arbeitsloser. Es wurde im April 1971 ein gemeinsames Konzert mit Grateful Dead im Fillmore East organisiert, ebenso ein Antikriegskonzert bei der Peace Treaty Celebration Rock Show am 1. Mai mit 500.000 Zuschauern.
Anke Otto-Rössig, Dueodde/Bornholm (Dänemark)
Donald Bonaparte
Zu jW vom 10.6.: »Kalifornien brennt«
In der jW vom 10. Juni 2025 erschienen zwei Texte zur Politik von Donald Trump. Auf der Titelseite konstatiert Volker Hermsdorf, dass »Kalifornien brennt«. In der Innenseite schreibt Mumia Abu-Jamal über den »Preis der Angst«. Beide Texte müssen in ihrem Zusammenhang beachtet werden. Es zeigt sich, dass Trump als das vornehme Lumpenproletariat auftritt. Er und seine Leute sind die lautesten Schreier über das Wohl Amerikas. Die erste Periode seiner zweiten Präsidentschaft zeigt, dass alles provisorisch ist, er erlässt laufend Dekrete, ohne sich darum zu kümmern, ob diese auch juristischen Bestand haben. Trump, seine Mitstreiter und seine Anhänger sind ein Auswurf der bürgerlichen Gesellschaft. Sie sind unbedarft, aber selbstgewiss, der ideale Politikertyp für die Endphase des Imperialismus. Natürlich drückt auch ein Trump die materiellen Interessen der Bourgeoisie aus, aber nicht die fortschrittliche Fraktion, sondern die rückschrittliche Fraktion. Trump versteht sich als ein verkanntes Genie, aber er ist objektiv nur ein Simpel. Bei Trump und den seinen wird alles, was früher als liberal galt, als sozialistisch verketzert. Trump schimpft gelegentlich auf den »Marxismus«, wobei berechtigt zu vermuten ist, dass er Texte von Marx oder Engels nie gelesen hat. Und selbst wenn er sie gelesen hätte, so hätte er sie doch nicht verstanden. Sein Vorgänger L. Napoleon hat als Chef des Pariser Lumpenproletariats seine eigene Privatarmee organisiert. Zur Finanzierung hat er eine Lotterie organisiert – eine direkte Prellerei; Trump hat zeitgemäß eine Kryptovaluta ins Leben gerufen. Trumps Aktivitäten sind generell darauf gerichtet, die Exekutivgewalt in einer Person zu konzentrieren, er regiert mittels Dekreten an den traditionellen »checks and balances« vorbei. Das Lumpenproletariat ist die massenhafte soziale Stütze des Trumpismus, wobei Trump die bürgerliche Einheit der Nation untergräbt. (…) Die augenblickliche Politik der amerikanischen Administration ist die verselbständigte Macht der Exekutivgewalt. Als nächster Schritt zum achtzehnten Brumaire muss jetzt das Wahlrecht geändert werden, damit Donald Trump zum Kaiser von Nordamerika erklärt werden kann, wenn es schon als Papst nicht geklappt hat.
Bernd Vogel, Leipzig
Herabwürdigung von Frauen
Zu jW vom 12.6.: »›Hier werden die Frauen wie Abfall behandelt‹«
Herzlichen Dank dafür, dass Sie endlich die Realität der extremen Ausbeutung, Demütigung, systematischen Misshandlung und der gesellschaftlichen Herabwürdigung von Frauen in der Prostitution zur Kenntnis nehmen und darüber berichten!
Margot Müller, Frankfurt am Main
I would prefer not to
Zu jW vom 7./8.6.: »Sechs Jahre Spinoza bei vollen Bezügen«
Lob, wem Lob gebührt! Thorsten Nagelschmidts Essay über die reale wie geist- und verantwortungslose Militarisierung des »europäischen Westens«, inklusive der köstlichen Volte zum andalusischen Ingenieur und »Arbeitsverweigerer« (Bartleby!), hat Gehalt, Witz und Sprachgewandtheit. Mich hat er an die guten, alten Zeiten der Konkret erinnert, die, um bei gut zu bleiben, schon gut dreißig Jahre her sind.
Gerhard Moser, Wien
NS-Zwangsarbeit
Zu jW vom 12.6.: »Bahnhof zur Hölle«
Sehr geehrter Hartmut Sommerschuh, vielen Dank für diesen sehr berührenden und nachdenklich machenden Beitrag. Verschweigen und Verleugnen gehören zur deutschen DNA. In der Nähe von Leipzig liegt die ehemalige Industriegemeinde Espenhain. Dort unterhielt die Aktiengesellschaft Sächsische Werke über die gesamte Zeit des Zweiten Weltkrieges ein Lager für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene usw. Die Opferzahlen sind zwar nicht vergleichbar mit Zeithain, aber auch hier erinnert bisher nichts an die Verbrechen der Nazis. Vor einer noch aktiven Produktionsstätte steht lediglich ein Gedenkstein, der an die großen technischen Leistungen erinnert. Die Opfer waren hier nicht nur sowjetische Kriegsgefangene. Pfingsten 1944 starben bei einem Luftangriff der Amerikaner 128 französische Kriegsgefangene. Für sie gab es keinerlei Schutzräume im Lager. Für solche Ereignisse gibt es übrigens auch in Frankreich keine wirkliche Erinnerungskultur. Bemühungen, offizielle französische Stellen für das Thema zu interessieren, liefen ins Leere.
Werner W., per E-Mail
Als nächster Schritt zum achtzehnten Brumaire muss jetzt das Wahlrecht geändert werden, damit Donald Trump zum Kaiser von Nordamerika erklärt werden kann, wenn es schon als Papst nicht geklappt hat.
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