Union setzt auf Zwang
Von Kristian Stemmler
Unionspolitiker bemühten sich am Wochenende, die Debatte über eine Wiedereinführung der 2011 ausgesetzten Wehrpflicht am Köcheln zu halten. Unionsfraktionschef Jens Spahn plädierte in einem Interview mit der Rheinischen Post dafür, jetzt mit den entsprechenden Vorbereitungen zu beginnen. Es müsse »auf jeden Fall eine Struktur bei der Bundeswehr geschaffen werden, die eine zügige Rückkehr zur Wehrpflicht möglich macht«, sagte er. Das gehe »nicht von heute auf morgen«. Die Bundeswehr benötige rund 60.000 zusätzliche Soldaten. Die Lücke lasse sich vermutlich nicht über Freiwilligkeit schließen, so dass »wir die Wehrpflicht dafür brauchen werden«.
Ähnlich äußerte sich der neue Wehrbeauftragte des Bundestags, der CDU-Politiker Henning Otte. Wenn auf freiwilliger Basis nicht genug Soldaten gewonnen werden könnten, müssten »verpflichtende Anteile eingebaut werden«, erklärte Otte am Sonntag gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der Wehrbeauftragte forderte, die Rahmenbedingungen für Zeit- und Berufssoldaten zu verbessern, um die Bundeswehr attraktiver zu machen. Dazu könnten Erleichterungen beim Studienzugang oder zusätzliche Rentenpunkte gehören.
Die SPD reagierte zurückhaltend auf die Vorstöße der Union. Falko Droßmann, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, erklärte gegenüber dpa, es werde hart daran gearbeitet, »junge Männer und Frauen für den Dienst in unseren Streitkräften zu begeistern«. Dafür müsse die Infrastruktur der Bundeswehr »massiv verbessert« und es müssten attraktive Laufbahnmodelle angeboten werden. Wer diese Anstrengungen scheue und »allein auf Zwang setzt«, mache es sich zu leicht. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD kommt das Wort »Wehrpflicht« nicht vor. Darin heißt es statt dessen: »Wir schaffen einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert.«
Deutliche Kritik kam von der Partei Die Linke. »Die Union kann es offenbar kaum erwarten, die Wehrpflicht wieder einzuführen«, sagte Christian Görke, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Linke-Fraktion. Der Dienst an der Waffe sei »immer mit Gewalt verbunden«. Niemand dürfe dazu gezwungen werden. Seine Fraktion lehne »die Wehrpflicht klar ab, wie auch die breite Mehrheit derjenigen, die davon betroffen wären«. Laut einer aktuellen Umfrage des Instituts INSA wäre tatsächlich nur jeder dritte Bundesbürger bereit, Wehrdienst zu leisten.
Für eine allgemeine Dienstpflicht für Männer und Frauen sprach sich der CDU-Politiker Thomas Röwekamp aus. Aus Anlass des ersten »Nationalen Veteranentags« am Sonntag bezeichnete er gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe eine Debatte darüber als »überfällig«. Eine solche Dienstpflicht könne bei der Bundeswehr ebenso wie im Zivilschutz oder im sozialen Bereich abgeleistet werden. Gebraucht werde eine Kultur der Verantwortung, die junge Menschen motiviere, sich einzubringen, so Röwekamp.
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