Streit mit Beijing
Von Jörg Kronauer
Es rumpelt kräftig in den Beziehungen zwischen China und Niger. Der Grund: Es gibt allerlei Differenzen rund um die chinesischen Unternehmen, die in dem Sahelstaat die Förderung und den Export von Erdöl durchführen. Drei sind es: die China National Petroleum Corporation (CNPC), die bei Agadem im Osten des Landes Öl fördert; die West African Oil Pipeline Company (WAPCO), die das Öl per Pipeline bis an die Grenze zu Benin transportiert, von wo es zur Verschiffung bis an Benins Küste weitergeleitet wird; und schließlich die Firma Soraz, die in der nigrischen Stadt Zinder eine Raffinerie betreibt. Alle drei haben aktuell Ärger.
Wirklich rund lief es nie mit dem nigrischen Erdöl, das die bedeutendste Einnahmequelle des Landes ist. Im März 2024 hatte die CNPC die Pipeline endlich fertigstellen können. Dies hatte sich verzögert, weil die Sanktionen, die die westafrikanische Staatenorganisation ECOWAS nach dem Putsch in Niamey gegen Niger verhängt hatte, die Lieferung der Baumaterialien verkompliziert hatten. Als es endlich soweit war, verhinderten Streitigkeiten zwischen Niger und Benin immer wieder den Betrieb der Leitung. Erst ab August 2024 konnte regelmäßig Öl exportiert werden. Für die CNPC war dies nachteilig – sie hatte nicht bloß mehr als sechs Milliarden US-Dollar in die Entwicklung der Ölfelder und in die Pipeline investiert, sondern auch im April 2024 eine 400 Milliarden US-Dollar schwere Vorauszahlung an die Regierung in Niamey getätigt, um dieser aus akuter Finanznot zu helfen. Mit jedem Tag, an dem die Pipeline brachlag, verlor neben der WAPCO auch die CNPC mehr Geld.
Dann kamen weitere Probleme hinzu. Seit Mitte Juni 2024 gab es immer wieder Anschläge auf die Pipeline, die zu teuren Schäden führten. Die CNPC bot an, Drohnen zu besorgen, um die Ölanlagen zu überwachen, wogegen sich wiederum Übergangspräsident Abdourahamane Tchiani sperrte: Er befürchtete Spionage. Nachdem im Herbst 2024 Forderungen aus Niamey Wellen geschlagen hatten, die CNPC solle doch eine weitere Vorauszahlung in den Staatsetat leisten, krachte es im März: Niamey verwies die Chefs von CNPC, WAPCO und Soraz des Landes. Die Begründung: Sie hätten sich strikt geweigert, die Löhne nigrischer Arbeiter (umgerechnet 1.200 US-Dollar im Jahr) an diejenigen chinesischer Arbeiter (8.600 US-Dollar) anzupassen. Derlei Ungleichheiten sind bei ins Ausland entsandten Arbeitskräften recht verbreitet, aber dennoch für die benachteiligte einheimische Bevölkerung bitter. Im Mai schob Niamey die Forderung nach, die chinesischen Firmen sollten endlich mehr nigrische Arbeiter beschäftigen und deshalb alle chinesischen Arbeiter, die bereits mehr als vier Jahre im Land seien, zurückschicken. Die Forderung lief ins Leere: Rasch stellte sich heraus, dass sich nicht genug Nigrer fanden, die ausreichend technisches Know-how hatten, um die chinesischen Arbeiter zu ersetzen. Dennoch blieb in Niger Unmut über die recht niedrige Zahl an Arbeitsplätzen für die eigene Bevölkerung zurück.
Am Mittwoch hat Chinas Außenminister Wang Yi bei einem Treffen mit mehreren Außenministern afrikanischer Staaten in Changsha im Gespräch mit seinem nigrischen Amtskollegen Bakary Yaou Sangaré versucht, die Spannungen zu lösen. Beijing wolle weiterhin mit Niamey kooperieren, bekräftigte Wang und drückte zudem die »Hoffnung« aus, Niger werde in Zukunft die Rechte und Interessen chinesischer Unternehmen und Bürger wahren. Sangaré wiederum erklärte, er lege großen Wert auf Sicherheitsfragen und halte außerdem die Zusammenarbeit mit China für eine Priorität. Einen Bruch mit Beijing kann sich Niamey, da es die westlichen Staaten aus dem Land geworfen hat, kaum leisten.
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