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Aus: Ausgabe vom 24.05.2025, Seite 5 / Inland
Gewerkschaftstag der GEW in Berlin

Moderierte Debatte bei der GEW

Gewerkschaftstag für Prüfung von AfD-Verbot, Arbeitszeiterfassung und stärkere Kinderrechte
Von Susanne Knütter
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Draußen achtet der Sicherheitsdienst darauf, dass keine Unbefugten in den Saal kommen. Drinnen klappern die Stricknadeln, zumindest vereinzelt in den Reihen der Gastdelegierten. Zwei Tage lang hat der Gewerkschaftstag der GEW im Berliner Estrel-Hotel ausgiebige Personaldebatten geführt, auch wenn es außer für die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte keine Gegenkandidaten gab. Alle anderen Vorstände wurden in ihrem Amt bestätigt, nur ein paar inhaltliche Anträge dazwischengeschoben.

Während der Mann vom externen Sicherheitsdienst noch ganz am Anfang seines Zwölfstundentags steht, beschließen die Delegierten am Donnerstag einen Antrag zur Erfassung der tatsächlichen Arbeitszeit an Schulen und Hochschulen. Die GEW soll nun etwa die Bundesländer auffordern, ihre Verweigerungshaltung bei der Frage aufzugeben. Angenommen wurde auch ein Antrag zur Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz. Der nicht sehr pädagogische Einwand einer Personalrätin, die GEW habe sich in erster Linie um die Interessen der Kollegen zu kümmern, die im übrigen vermehrt Gewalt von Schülern ausgesetzt seien, verhallte. Kaum Kontroversen löste der baden-württembergische Antrag auf Einleitung eines Prüfverfahrens für ein AfD-Verbot ein. Auch er wurde, trotz des Einspruchs, die rechte Partei könne man nur inhaltlich bekämpfen, angenommen.

Freitag vormittag lobte die Moderation, dass der Gewerkschaftstag bereits acht inhaltliche Anträge beschlossen habe. Wie das Pensum von mehr als 135 Anträgen bis Sonnabend mittag geschafft werden soll, ist zu dem Zeitpunkt fraglich. Dabei behandeln die Dokumente teils grundsätzliche Fragen, die der Orientierung dienen könnten. In einem Dringlichkeitsantrag aus Hessen wird der Teil der Grundgesetzänderung abgelehnt, der dem Bund ermöglicht, die Ausgaben für Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit, die mehr als ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen, durch Kredite zu finanzieren. Und sogar der Hauptvorstand fordert eine »ausschließlich zivile, nichtmilitärische Nutzung« des 500-Milliarden-Euro-»Sondervermögens Infrastruktur«, etwa »für überfällige Investitionen in öffentliche Daseinsvorsorge, Bildung und Wissenschaft«. Interessant wäre, wie die GEW, sollte die Forderung beschlossen werden, sie in ihrer Praxis umsetzt.

Erwartet werden auch Diskussionen bei der Ausrichtung der internationalen Arbeit der GEW sowie der von hochschulpolitischen GEW-Gremien geforderten Positionierung »gegen jeden Antisemitismus«. Nicht auszuschließen, dass sie am Ende aus »Zeitmangel« zur Entscheidung an den Hauptvorstand weitergeleitet werden. Statt dessen beschäftigte sich der Gewerkschaftstag ausführlich mit zwar wichtigen, aber weitgehend unstrittigen Themen. Am Freitag ging es um Organisationsentwicklung, die Entwicklung eines digitalen Mitglieder- und Aktivenportals. Die Delegierten beschlossen die Unterstützung der Studierenden bei ihrem Kampf um einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte. Diskutiert wurden wissenschafts- und schulpolitische Positionen. Letztere tatsächlich sehr kontrovers (beendet nach jW-Redaktionsschluss).

Zwar handele es sich bei den friedenspolitischen Anträgen zum Teil um alte Positionen der Gewerkschaft, sagte die Berliner Delegierte Barbara Majd Amin gegenüber jW. Sie stünden derzeit aber wieder zur Disposition. Deshalb sei es so wichtig, dass der Gewerkschaftstag über die Anträge gegen Wehrpflicht, Mittelstreckenraketen oder für zivile Hochschulen und konsequenten Antimilitarismus entscheidet und nicht nur der Hauptvorstand. Deshalb beantragte sie, die friedenspolitischen vor den Satzungsanträgen zu behandeln. Das Präsidium lehnte das Ansinnen ab. Auch das Argument vom Hamburger Delegierten, Florian Muhl, der Gewerkschaftstag als souveränes Gremium solle über das Verfahren entscheiden, wies das Präsidium zurück. Aber es versprach: Die Anträge werden noch behandelt.

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