Die Bau-Bau-Bau-Ministerin
Von Ralf Wurzbacher
Immerhin verbal versteht sich die frisch gebackene Bundesbauministerin aufs Klotzen: »Die Bagger müssen wieder rollen, und wir müssen bauen, bauen, bauen – und das zu bezahlbaren Preisen.« Am Freitag markierte Verena Hubertz (SPD) im ARD-Morgenmagazin die wild entschlossene Macherin. Man werde einen »Wohnungsbauturbo« zünden, bekräftigte sie ein wortgleiches Versprechen aus dem Koalitionsvertrag von Union und SPD, und die dafür nötigen Maßnahmen innerhalb der ersten hundert Regierungstage erledigen. Der Bund allein steuere im laufenden Jahr 3,5 Milliarden Euro zum sozialen Wohnungsbau bei, obendrauf kämen noch die Mittel der Bundesländer. Aber, so die Ressortchefin: »Da muss noch mehr gehen und da wird auch noch mehr gehen.«
Das täte bitter Not, denn seit Jahren geht in Hubertz’ neuem Metier immer nur »weniger«. Weniger Neubau, weniger Sozialwohnungen, weniger Mieterschutz. Allein die Preise kennen kein Abwärts. Am Freitag rapportierte das Statistische Bundesamt den nächsten Tiefpunkt. Die Zahl der hierzulande neu geschaffenen Wohnungen belief sich im vergangenen Jahr auf lediglich 251.900. Das entspricht im Vorjahresvergleich einem Einbruch um 14,4 Prozent oder 42.500 Einheiten. »Das war der erste deutliche Rückgang, nachdem die Zahl fertiggestellter Wohnungen in den Jahren 2021 bis 2023 jeweils um 294.000 gelegen hatte«, kommentierte die Behörde einigermaßen unglücklich. Denn gut war der Ertrag auch davor nicht. Tatsächlich hatte sich die abgewählte Ampelregierung einen jährlichen Aufwuchs von 400.000 zum Ziel gesetzt. Faktisch hatte sie die Vorgabe drei Mal in Folge »stabil« um mehr als 100.000 verfehlt.
Das zeigt: Wortgeklingel baut keine Häuser. Schon gar nicht solche, die für Gering- und Normalverdiener erschwinglich wären. Von den 2023 neu geschaffenen Objekten waren weniger als ein Drittel klassische Mietwohnungen und nicht einmal ein Zehntel Sozialwohnungen. Im Schnitt entstanden davon zuletzt jährlich rund 25.000, während aber zugleich 65.000 Wohnungen aus der Sozialbindung fielen. Das ergibt einen Verlust von 40.000 pro Jahr. »Massive Investitionen«, wie sie jetzt auch wieder Hubertz ankündigt, helfen wenig, solange nicht der Bestand durch neue Regeln, etwa längere Mietpreisbindungen, bewahrt wird. Ein Problem mehr sieht die Industriegewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt (IG BAU) im schleppenden Monitoring. Die im Mai für das Vorjahr präsentierte Bestandsaufnahme sei »Vergangenheitsstatistik«, monierte am Freitag der Verbandsvorsitzende Robert Feiger in einer Medienmitteilung. Statt dessen müsse es eine »Bundesstatistik der Baubeginne« geben, nur so lasse sich die Neubauaktivität »aktuell und damit flexibel steuern«.
Monatlich erfasst werden bisher bloß die erteilten Baugenehmigungen, allerdings, so Feiger, könne darin »keiner wohnen«. Im Gesamtjahr 2024 sank deren Zahl auch beträchtlich – um 17,1 Prozent auf 215.300. Dadurch fiel die als Bauüberhang bezeichnete Zahl bereits genehmigter, aber noch nicht fertiggestellter Wohnungen im zweiten Jahr in Folge, und zwar um 67.000 auf 759.700. Diesen müsse man nun »aktivieren«, sagte Hubertz. Die Ministerin will insbesondere »steuerliche Anreize verbessern und Neubauförderprogramme radikal vereinfachen«. Gegen die horrend steigenden Mietpreise unternimmt die Regierung dagegen kaum etwas. Im wesentlichen beschränkt sie sich darauf, die sogenannte Mietpreisbremse um vier Jahre verlängern zu wollen.
Das wird nichts bringen, glaubt die Parteivorsitzende von Die Linke, Ines Schwerdtner. »Und ›bauen, bauen, bauen‹ wird auch in fünf bis zehn Jahren erst wirken«, äußerte sie sich gegenüber dpa. »Es hilft nicht nur, dass die Mieten gedeckelt werden, sie müssen auch in angespannten Wohnlagen abgesenkt werden, weil sie einfach viel zu teuer sind.« Deshalb müssten Opposition, Mietervereine und Gewerkschaften »Druck machen«, so die Parteichefin. Seit Freitag und noch bis Sonntag macht die Kampagne »Mietenstopp« mit Kundgebungen, Fotoaktionen und Gesprächen mit Betroffenen bundesweit gegen Wohnungsnot und Mietwucher mobil. Demonstrationen soll es etwa in München, Köln und Bremen geben. Die Kernforderung ist ein Mietenstopp für sechs Jahre.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Florian Gaertner/imago28.04.2025
Desaströse Baupolitik
- IMAGO/BREUEL-BILD21.02.2025
Rausschmiss aus Wohnung
- IMAGO/BildFunkMV06.02.2025
Riesige Wohnungslücke
Mehr aus: Inland
-
Scholz wäre stolz
vom 24.05.2025 -
Freie Fahrt für Faschistin
vom 24.05.2025 -
Moderierte Debatte bei der GEW
vom 24.05.2025 -
»Abschiebemeister in der BRD ist Bayern«
vom 24.05.2025