Panzer, Hunger, Tod
Von Arnold Schölzel
Die westlichen Nachrichtenagenturen stehen auf seiten Israels, aber das Ausmaß der Vernichtung in Gaza macht deren Kleinreden zunichte. Also berichtete dpa am Freitag, bei israelischen Angriffen seien in der Nacht 53 Menschen in Gaza getötet worden. Wegen der großen Zerstörung hätten Rettungsteams bislang nicht alle Opfer in Krankenhäuser bringen können. Das israelische Militär habe mitgeteilt, Soldaten gingen auch weiterhin gegen »Terrororganisationen im gesamten Gazastreifen« vor und die Luftwaffe habe mehr als 75 Ziele angegriffen. Insgesamt kamen laut der palästinensischen Gesundheitsbehörde, der im Westen rituell »von der Hamas kontrolliert« beigefügt wird, bisher mehr als 53.800 Menschen ums Leben, darunter laut UNICEF etwa 15.000 Kinder. WAFA zählt rund 175.000 Tote und Verletzte, zumeist Frauen und Kinder, seit dem 7. Oktober 2023, 11.000 Personen seien vermisst.
Rituell ist auch, Verlautbarungen der israelischen Regierung eins zu eins wiederzugeben. Bei dpa am Freitag: »Nach elfwöchiger Blockade durch Israel sind erste Hilfsgüter mit tagelanger Verzögerung bei notleidenden Menschen im Gazastreifen angekommen.« Irgendwann kamen aber UN-Vertreter zu Wort: »UN-Nothilfechef Tom Fletcher begrüßte, dass die ersten Lastwagenladungen ausgeliefert seien; sie seien jedoch nur ›ein Tropfen im Ozean im Vergleich zu dem, was dringend benötigt wird‹.« Vor dem Gazakrieg waren rund 500 Lkw mit Hilfsgütern pro Tag gekommen. Der Gesundheitsminister der Palästinensischen Nationalbehörde im Westjordanland, Maged Abu Ramadan, erklärte laut dem TV-Sender Al-Dschasira, in den vergangenen Tagen seien mindestens 29 Kinder und Ältere »hungerbedingt« gestorben. Dpa schreibt dazu, das lasse sich nicht unabhängig überprüfen. Vielmehr folgen Agentur und die meisten ihrer Kunden bereitwillig Israels Armee, die in Gaza generell keine Nahrungsmittelknappheit erkennen kann. Im übrigen solle damit der Druck erhöht werden, die restlichen Geiseln freizulassen.
Ebenso zynisch liefern deutsche Politiker täglich ihre Zustimmung zu israelischen Panzern, Bomben und Erschießungen in Gaza ab. Am Freitag erledigte das der Bundesrat, der die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Israel vor 60 Jahren mit einer Erklärung würdigte. Das Wort »Sorge« kommt darin einmal vor: »Der Bundesrat unterstreicht seine Sorge, dass es seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel auch in Deutschland zu einer Zunahme antisemitischer Vorfälle sowie zu antiisraelischen Hassdemonstrationen gekommen ist, bei denen das Existenzrecht Israels geleugnet und zur Beseitigung des israelischen Staates aufgerufen wurde.« Wo das geschehen ist, wurde zumindest nicht berücksichtigt, dass die Existenz der einzigen Atommacht im Nahen und Mittleren Osten ziemlich gesichert erscheint. Am Vorabend der Bundesratssitzung hatte übrigens die ARD-Sendung »Monitor« daran erinnert, dass gleichzeitig mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur BRD 1965 deutsche illegale Waffenlieferungen bekanntwurden. Seine Atombomben entwickelte Israel zusammen mit dem Apartheidstaat Südafrika.
Deutsche Waffenhilfe seit Jahrzehnten, Atombombenfertigung mit rassistischen Unterdrückern, genozidale Aktionen gegen Gaza und die dazu adäquate Redeweise von »sterilen Zonen« (Ministerpräsident Benjamin Netanjahu) oder: Palästinenser vor deren Vertreibung »konzentrieren« (Minister Bezalel Smotrich) – die deutschen Schönfärbrituale reichen nicht mehr aus.
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