Gegründet 1947 Freitag, 23. Mai 2025, Nr. 118
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 23.05.2025, Seite 16 / Feuilleton
Beim Fananwalt

Alles neu, frisch und frei

Von René Lau
Der Fananwalt_Logo.jpg

Wir haben Mitte Mai, in den ersten vier Ligen ist die Meisterschaftssaison durch. Bis auf wenige Relegationsspiele stehen die Entscheidungen fest. Vielerorts gab es einen entspannten Saisonausklang, und viele Fanszenen nutzten den letzten Spieltag dazu, abseits des grünen Rasens entweder auf diverse Probleme hinzuweisen oder Gutes zu tun. So gab es im Berliner Olympiastadion wieder die Aktion »Spendet Becher, rettet Leben«. Dabei sammeln die Fans Pfandbecher im Stadion, um den Erlös einem guten Zweck zukommen zu lassen. Der notwendige Aufwand ist enorm. Jeder kann sich vorstellen, wie viele Becher in einem Stadion mit 60.000 Zuschauern zusammenkommen. Die müssen sortiert, gezählt und am Ende natürlich in bare Münze umgesetzt werden.

Eine andere durchaus sehenswerte Aktion gab es beim Stuttgarter Gastspiel in Leipzig. Da alle wissen, dass es bei der Brausebetriebsmannschaft mit der 50-plus-eins-Regel nicht ganz so korrekt zugeht, hatten die Stuttgarter Anhänger einen Fanmarsch organisiert, der unter dem Motto »50 plus eins erhalten und stärken« stand.

Leider finden derartige Aktionen in der Öffentlichkeit viel zuwenig Beachtung. Gerade in einer Saison wie dieser hätten viele Medien gut daran getan, über diese Aktionen etwas genauer zu berichten. Leider werden allzu oft nur die Polizeimeldungen abgeschrieben und das Ergebnis als journalistischer Beitrag verkauft. Recherchieren, nachfragen und sich ein wenig Zeit lassen – so zu arbeiten ist heute selten geworden. Viele Fußballberichterstatter sollten ihre Aufgabe wieder ernst nehmen, statt sich zu Handlangern der Verbände oder noch schlimmer der Polizei zu machen. Dazu gehört eben auch, einmal mit einer Meldung ein wenig zu warten, bevor man sie raushaut, ohne mit den Protagonisten solcher Aktionen wie die in Berlin oder Leipzig überhaupt gesprochen zu haben.

Aber wie sang Oma immer so schön: »Alles neu macht der Mai«. Hoffen wir mal, dass sich doch etwas bewegt. Von mir jedenfalls allergrößten Respekt für die Akteure in Berlin und Stuttgart und ihre Aktionen am letzten Spieltag.

»Sport frei!« vom Fananwalt.

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Mehr aus: Feuilleton

                                                                   junge Welt stärken: 1.000 Abos jetzt!