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Aus: Ausgabe vom 23.05.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Kapital und Krise

KTM kriegt die Kurve

Österreich: Motorradhersteller aus Mattighofen vor Pleite gerettet. Indischer Miteigentümer Bajaj übernimmt Firmenmehrheit und gewährt 450-Millionen-Euro-Darlehen
Von Oliver Rast
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In Schieflage, aber dennoch die Spur gehalten: Der Zweiradproduzent aus dem Innviertel (Le Mans, 11.5.2025)

Auf den letzten Drücker: Der Motorradhersteller KTM aus dem oberösterreichischen Mattighofen ist gerettet. Vorerst zumindest. Um 7.21 Uhr am Donnerstag morgen kam Nachricht aus der Zentrale des KTM-Mutterkonzerns Pierer Mobility. Der indische KTM-Miteigentümer Bajaj Auto International stellt die erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung, um die Quote an die Gläubiger des insolventen Zweiradproduzenten zu bezahlen. Damit ist der Konkurs der KTM AG und ihrer Töchter KTM Components GmbH und KTM Forschungs & Entwicklungs GmbH abgewendet, berichtete gleichentags der ORF.

Die Gläubiger der drei ins Schlingern geratenen KTM-Gesellschaften hatten am 25. Februar 2025 einer sogenannten Restrukturierungsplanquote von 30 Prozent zugestimmt, zahlbar bis 23. Mai 2025. Der gesamte und endgültige Betrag, der zur Finanzierung der Quote im Rahmen der Restrukturierungspläne bereitgestellt werden muss, belief sich auf 525 Millionen Euro, heißt es in der Mitteilung der Pierer Mobility. Dabei steuert Bajaj 450 Millionen Euro als Darlehen bei, weitere 150 Millionen Euro kommen von der KTM-Mutter. Im Gegenzug übernimmt Bajaj die Mehrheit an der Holdinggesellschaft Pierer Bajaj, welche derzeit 74,18 Prozent der Pierer Mobility AG hält.

Ende November 2024 war KTM insolvent geworden und hatte ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung beantragt. 1.250 Lieferanten und Banken sowie 2.600 Beschäftigte meldeten Forderungen in Höhe von rund 2,2 Milliarden Euro an.

Bereits in der Nacht auf Dienstag bestätigte die Pierer Mobility, dass sie Finanzzusagen zur Erfüllung der 30-Prozent-Barquote für die Gläubiger erhalten habe. Eine Zusage offenbar mit einer Order. Denn der Exkonzernboss Stefan Pierer scheidet nach Abschluss der »Komplettüberholung des Betriebs« im Juni 2025 auch aus dem Vorstand der Pierer Mobility AG aus. Pierer muss also Platz und den Weg frei machen für ein Firmencomeback.

Der Aufsichtsrat beruft statt dessen Verena Schneglberger-Grossmann, die seit November 2015 für die Unternehmensgruppe tätig ist, als neues Vorstandsmitglied. Sie soll dabei den KTM-CEO Gottfried Neumeister unterstützen. Der sagte in einem Statement: »Wir haben die Chance bekommen, die Geschichte von KTM fortzuschreiben.« Gemeinsam mit dem langjährigen Partner Bajaj sei eine Strategie ausgearbeitet worden, »mit der zusätzlich zu den bereits zur Verfügung gestellten 200 Millionen Euro nochmals 600 Millionen Euro für unseren Neustart aufgebracht werden können«, so Neumeister weiter.

Und was ist mit den beiden KTM-Stammwerken in Mattighofen und Munderfing im Innviertel? Die sollen weiterhin Firmenbasis sein, versicherte Neumeister. »Damit sind wir ein wichtiger Arbeitgeber für die gesamte Region.« Eine Aussage, die Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer und Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (beide ÖVP) tief durchatmen lässt. Es sei ein »positives Signal für den Leitbetrieb« und belege, »dass die Marke KTM nach wie vor internationale Zugkraft aufweist«.

Offen ist hingegen die Situation für die KTM-Beschäftigten. Bereits im vergangenen Jahr sind rund 700 Stellen in Oberösterreich gestrichen worden. Die verbliebenen 4.200 Kollegen mussten zweimal in Kurzarbeit bzw. in den Zwangsurlaub, weil die Produktionsbänder seitens der Geschäftsführung stillgelegt worden waren. Zuletzt Anfang Mai wegen Lieferkettenproblemen und fehlender Bauteile. Ein Aufreger war ferner die Forderung von KTM-Aufsichtsratschef Stephan Zöchling nach Streichung von zehn Feiertagen und nach Nulllohnrunden.

Ein Vorbote auf das, was da an Hiobsbotschaften für die Belegschaft noch kommen wird. Zumindest gilt: KTM hat die Kurve gekratzt. Vorerst.

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